Polizeieinsatz gegen jugendliche Demonstranten gegen Neonazis am 21. Oktober 2000

Erklärung des Dortmunder Kreisvorstands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dortmund, 1. Dezember 2000

Die Dortmunder GRÜNEN sehen angesichts der aufrecht erhaltenen Vorwürfe von Jugendlichen, die am 21. Oktober 2000 im Rahmen einer Demonstration gegen Neonazis festgenommen wurden, die dringende Notwendigkeit, den damaligen Polizeieinsatz durch den Polizeibeirat und den Polizeipräsident endlich ehrlich aufzubereiten.

Natürlich erkennen wir, dass ein derart umfangreicher Polizeieinsatz immer die Möglichkeit von Pannen in sich birgt. Die Polizei steht als Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols jedoch zu Recht unter besonderer öffentlicher Beobachtung und wird notwendigerweise mit strengen Maßstäben gemessen. Deshalb muss stichhaltigen Hinweisen auf individuelles Fehlverhalten von Polizeibeamten ebenso nachgegangen werden wie möglichen Fehlern, die im Vorfeld des 21. Oktobers den Verantwortlichen unterlaufen sind. Dabei kann die Dortmunder Polizei nur gewinnen - nicht zuletzt ein Stück des verlorengegangenen Vertrauens der jugendlichen DemonstrationsteilnehmerInnen.

Am 28. November 2000 hat im Landtag von Nordrhein-Westfalen ein Gespräch mit dem Landespolizeidirektor, Herr Dieter Wehe, und etwa 20 der betroffenen Jugendlichen stattgefunden. Die Vorwürfe der Jugendlichen wurden in einer sachlichen Atmosphäre erörtert. Herr Wehe legte den Jugendlichen die Rechtsgrundlage des Einsatzes am Heiligen Weg dar. Es wurde jedoch deutlich, dass auch der Landespolizeidirektor eine weitere Nachbereitung des Polizeieinsatzes für nötig hält.

Herr Wehe zeigte sich insbesondere von den Vorwürfen über das Fehlverhalten von Beamten (Beleidigungen, Einschüchterungen, übertriebene Fesselung) betroffen. Des weiteren nahm er die Schilderungen auf, die belegen, dass Eltern nicht zeitnah über die Ingewahrsamnahme ihrer Kinder informiert wurden.

Die Dortmunder GRÜNEN sind der Ansicht, dass jetzt insbesondere der Polizeibeirat die aus unserer Sicht unhaltbare Bewertung der Vorfälle vom 21. Oktober aufgeben und zu einer differenzierten, sachgerechten Bewertung gelangen muss. Dabei reichen Videoaufnahmen der Polizei zur Bewertung nicht aus. Die Jugendlichen sind unserer Auffassung nach hinzuzuziehen.

Des weiteren müssen die Erfahrungen mit dem Polizeieinsatz Eingang in zukünftige Einsatzplanungen finden. Eine Demonstration, die sich gegen aufmarschierende Neofaschisten richtet, muss in angemessener Weise Gelegenheit bekommen, ihren Protest auch räumlich in der Nähe des unschönen Anlasses kundzutun. Eine Demonstrationsleitung, die über die gesamte Dauer der Gegenkundgebung verantwortlich handelt, kann in Zusammenarbeit mit der Polizei Ausschreitungen verhindern.

Wichtig scheint den Dortmunder GRÜNEN vor allem eines: Es darf nicht geschehen, dass Proteste gegen den Neonazismus von der breiten Öffentlichkeit als militante Auseinandersetzung von Rechts- und Linksextremisten wahrgenommen werden. Die Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus und seinen Ursachen muss in die Mitte der Gesellschaft getragen und auch dort geführt werden. Die Bedrohung der Demokratie ist zu groß, als dass wir es zulassen könnten, dass Zivilcourage an den Rand gedrängt und kriminalisiert wird.

Markus Kurth, Sprecher des Kreisverbands Dortmund