Bericht der AG Irak

Von Gregor Fabian

aus: Basisdienst - Informationen aus dem Kreisverband Dortmund 2/2003, 15. Mai 2003

Die Irak-AG wurde gegründet, nachdem sich am Neuen-Treffen am 30.01.2003 einige, z.T. neue Mitglieder interessiert zeigten, sich im Zusammenhang der Irak-Krise zu engagieren.

Die erste Sitzung fand am 5. Februar 2003 statt.

Es entstand der Wunsch, eine Demonstration oder andere Aktionen gegen den drohenden Irak-Krieg durchzuführen, was sich später zumindest teilweise als Illusion herausstellen sollte. Einige wollten sich auch erst in das Thema einarbeiten, indem Hintergrundmaterial recherchiert werden sollte.

Es bildete sich bald ein wöchentlicher Rhythmus heraus. Inhaltlich wollten wir eine eigene Position entwickeln, machten uns dann aber klar, daß es nur Sinn machte, sich bestehenden überregional bekanntgewordenen Positionen anzuschließen, was wir denn auch taten - siehe Hamburger Erklärung, Parteiratsbeschluss, beide vom Januar 03. Außerdem entwickelten die Ruhrgrünen im Zusammenhang mit dem Ostermarsch 2003 ein Positionspapier, daß wir uns zu eigen machten. Was allerdings bei uns bis zuletzt umstritten war, bezog sich auf die Forderungen des BDK-Beschlusses vom Dezember 2002, der besagt, daß alle Unterstützungsmaßnahmen einzustellen seien, falls der Krieg doch ausbricht.

Allmählich begannen wir damit, das Thema auch auf unsere Homepage zu bringen, die sich dazu mit immer mehr Hinweisen zu Veranstaltungen oder Hintergrundinformationen füllte.

Wir bekamen ein wenig Rückenwind, als klar war, daß einige zur Groß-Demo nach Berlin am 15.02. fahren würden. Dort waren denn auch Einzelpersonen aus unserem KV vertreten, aber auch ein Transparent aus dem KV-Büro fand hier seinen Einsatz. Hierzu verweise ich auf meinen persönlichen Bericht. Danach flaute kurzzeitig das Engagement etwas ab. Erst, als es auf die Planung für den Tag X zuging, meldeten sich wieder mehr Mitstreiter. Wir überlegten, ob wir uns an der Demonstration gegen den Ausbruch des Krieges neben der geplanten Rede von Hilke Schwingeler mit einer Aktion beteiligen wollten und kamen zum Entschluß, die Friedenssäule schwarz verhüllen zu wollen als Ausdruck unserer Trauer. In Absprache mit den anderen Organisatoren reduzierte sich das auf einen Trauerflor. Insgesamt ergab sich der Eindruck, wir seien vom DGB nur eingeladen wurden, um Vorgaben abzunicken, weil man eigentlich unerwünscht ist. Bald wurde mir auch klar, daß dies der Grund für das Scheitern einer übergreifenden Demonstration im Vorfeld des Krieges war, was zu der Selbstblockade der Grünen geführt hatte, die ich anfangs so beklagenswert fand.

Kurz vor dem Tag X (20. März 2003), schafften es Vorstand und Irak-AG gemeinsam in einer spontanen Aktion auf dem Westenhellweg, Flugblätter an die Bürger zu verteilen. Darauf wurden diese über den Ablauf an einem möglichen Tag X informiert. Diese Aktion war aus unserer Sicht nötig geworden, da unsere Beteiligung an der Durchführung des Protesttages nicht deutlich wurde. Das war dann auch eine nette Aktion.

Die Presseresonanz auf den Tag X war gewohnt grünenfeindlich, Hilke wurde mit keiner Silbe erwähnt. Vielleicht hätten wir um so eher offensiv auf die Presse zugehen sollen, als wir den Trauerflor anbrachten. Doch leider war diese Aktion ehrlich gesagt nicht so gut vorbereitet, so daß diese Chance verpuffte, lustig war es trotzdem, als wir zu dritt um die Säule hampelten. Das mehr schlecht als recht angebrachte Band hielt sich aber immerhin die ganze Zeit des Kriegs über an der Säule und konnte schließlich wieder von uns eingeholt werden. Daraus lerne ich persönlich für zukünftige Aktionen, wie wichtig eine dezidierte Vorbereitung einerseits und personelle Unterstützung andererseits ist.

In einem weiteren Treffen erklärten wir unser Interesse, mit vorhandenen Gruppen in Dortmund zusammenzuarbeiten. So verabredeten sich einige von uns, beim nächsten Termin des Dortmunder Bündnis gegen den Irak-Krieg anwesend zu sein, um sich über deren Kenntnisstand und Arbeitshorizont zu informieren. So bekamen wir die Planungsphase der Montagsaktionen mit, die wir auch besuchten. Wir wurden gebeten, uns für die "Cities for Peace"-Resolution gegenüber unseren Ratsvertretern stark zu machen. Dabei erfuhr ich, daß diese abgeschmettert worden war, aber deren eigene Resolution gemeinsam mit der SPD kurz vor Ostern schließlich verabschiedet wurde.

Bereits vor Kriegsausbruch war uns klar, daß wir uns als Dortmunder Grüne für das Irak-Thema gerne mit einer Informationsveranstaltung einbringen würden. Man war überzeugt, daß es sinnvoll wäre, sich für den Veranstaltungstitel ein Thema zu suchen, das quasi an der Schnittstelle zwischen Irak-Krieg und zukünftiger Weltpolitik liegen müßte, um wirkliches Interesse zu erzeugen. Denn deutlich erlebten wir den Informationsüberdruß der Bevölkerung, was die zahlreichen Statements zum Krieg anging. So entwickelten wir das Thema: "Irak-Krieg und die Folgen", was übrigens parallel auch andere KVs taten.

Einige wollten hier ihre persönlichen Fragen beantwortet sehen, anderen aus unserem Kreis ging es darum, etwas Eigenständiges durchgeführt zu haben. Wir diskutierten die Frage der strukturellen Beschaffenheit einer solchen Veranstaltung. Kurzzeitig hatten wir das Modell, zwei Diskutanten von einem Moderator aus unseren Reihen streiten zu lassen, verschiedene Namen tauchten auf, von eigenen wie "fremden" Parlamentariern. Schließlich kamen strategische Überlegungen hinzu, was uns dazu veranlaßte, Kerstin Müller als Regierungsmitglied einzuladen, um durch eine Zusammenarbeit mit der Auslandsgesellschaft eine breite Streuung im Publikum zu erreichen.

Diese Veranstaltung am 24.04. war objektiv betrachtet ein Erfolg, weil immerhin 50 Besucher kamen und in zwei Fragerunden nach einem Einleitungsreferat von Kerstin mit kritischen Fragen konterten. Persönlich denke ich, daß es ruhig noch einige konkretere Angaben hätte geben können zu den Themen: "UNO-Reform" und: "EU-Entwicklung".

Pressemäßig wurde diese Veranstaltung gut bedacht, auch die nur wenige Tage zuvor in der Innenstadt stattgefundene Podiumsdiskussion mit Britta Hasselmann und Sebastian Müller, die wir mit unserer Anwesenheit unterstützten, fand einen journalistischen Niederschlag. Dort gab es auch vereinzelt gute Gespräche am Infostand. Leider war es saukalt und wir mußten bald abbrechen.

Die beiden Infostände, die am Platz von Netanya auf die Müller-Veranstaltung hinweisen sollten, hatten dagegen weniger Resonanz. Zu dem eine oder anderen interessanten Gespräch kam es aber doch, immer wieder war deutlich, daß uns die Leute über das Thema Krieg und Frieden hinaus, wo man uns auf den Spagat zwischen Kriegsablehnung und -unterstützung bzw. auf vergangene Zusammenhänge ansprach, auch mit dem Thema Sozialabbau sowie Umwelt- und Verkehrspolitik kritisierte. Es ging oft darum, Glaubwürdigkeit zu verteidigen. Mehr Aufmerksamkeit konnten wir offensichtlich erzielen, als wir beim Abschlußfest des Ostermarsches spontan einen Stand aufbauten, was angesichts der "Übermacht" an "friedliebenden" Organisationen dringend geboten war.

Nach der "Aktuellen Stunde" mit Kerstin und Matthias Dudde als Moderator gab es mal wieder einen kleinen Energieabbau, sich weiterhin für die Irak-Sache zu bemühen, mehrten sich doch auch Anzeichen, daß der Irak-Krieg fast vorbei zu sein schien. So trafen wir uns zuletzt nochmal im Büro, um über die zukünftige Arbeit zu beraten. Nach einer Auswertung unserer Veranstaltung bekräftigten wir uns die Bereitschaft, weiterhin eine Arbeitsgruppe zu bilden, wälzten aber schon mal Gedanken, den Fokus etwas zu erweitern. So fielen uns sofort die Konflikte in Palästina und in Kaschmir ein. Die Kurdistan-Frage steht auf der Tagesordnung, aber auch die geplante EU-Armee als Bestandteil einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, ESVP. Wie geht man überhaupt mit dieser Art amerikanischer Außenpolitik um, fragten wir uns. Was ist das Gegenmodell, daß uns als Europäern vorschwebt? Wie sehen überhaupt die ganzen Fragen der Erweiterung aus? Was ist mit Blick auf die Europawahl im nächsten Jahr festzustellen? So kamen wir auf die Idee, wieder Informationsveranstaltungen zu planen, mit Leuten unserer Uni aus dem Journalistik-Fachbereich, Leuten von Friedensinstituten oder anderen Fachleuten, z.B. aus Österreich.

Einige wollten, daß es weiterhin um Bündelung von Kräften gehen sollte, denn andere Gruppen haben diesbezüglich auch wertvolle Erfahrungen bzw. Kenntnisse, so z.B. das Friedensforum. Teilweise wollen wir wieder mit ihnen zusammenarbeiten.

Wir verabredeten einen vierzehntägigen Rhythmus und beschlossen, beim nächsten Mal noch konkreter zu überlegen, wie wir uns umbenennen wollen.

Dieser Bericht faßt meine persönlichen Eindrücke zusammen und erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und kann daher gerne ergänzt werden.