Mitgliederversammlung des Kreisverband Dortmund lehnt Weiterverbreitung von Atomanlagen grundsätzlich ab

Offener Brief des KV Dortmund an den Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 12. Dezember 2003

An

Bundesvorstand BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
z. Kntn.:
Landesvorstand NRW BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
ZDF-Redaktion "heute-Journal"
ZDF-Redaktion "frontal 21"
Örtliche Presse

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Dortmund hat uns gestern beauftragt, euch noch einmal nachdrücklich mitzuteilen, dass wir grundsätzlich eine aktive grüne Politik zur Weiterverbreitung von Atomanlagen ablehnen.

Den bundesdeutschen Ausstiegsbeschluss aus der Atomkraft haben wir trotz seiner zu langen Ausstiegsfristen als einen ersten Schritt in die richtige Richtung akzeptiert. Wir begrüßen den Beschluss der Bundestagsfraktion vom 09.12.2003, aus dem wir allerdings mit Unverständnis die Passage entnehmen mussten, dass ein Export der Anlage nach China in Erwägung gezogen würde, wenn die Internationale Atomenergiebehörde diese dann lückenlos kontrollieren könnte.

Unsere politische Glaubwürdigkeit ist eng mit unserem Selbstverständnis verbunden, möglichst schnell die Nutzung der Atomkraft zu beenden. Nun das politische Handeln am Sankt-Florian-Prinzip zu orientieren und eine Anlage, die aus guten Gründen in Deutschland nicht in Betrieb genommen wurde, zu verkaufen, pulverisiert unsere Glaubwürdigkeit. Die Mitgliederversammlung hat einstimmig ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht die Atomkraft zu fördern. Dies gilt nicht nur für das eigene Land, sondern weltweit. Eine Unterscheidung zwischen militärischer, friedlicher oder überwachter Nutzung ist dabei irrelevant.

Wir bitten euch daher nachdrücklich, diese Grundsätze GRÜNER Politik ohne Abstriche zu vertreten.

Der zweite Punkt, den wir thematisieren müssen, verweist in besonders peinlicher Weise die drohende Glaubwürdigkeitskrise, in der wir uns zum einen durch die Tatsache ‚Hanau-Verkauf an China' an sich und zum zweiten durch den Umgang mit der Tatsache befinden.

Mit völligem Unverständnis, beinahe Entsetzen und mit Wut mussten wir am 09.12.2003 in den ZDF-Sendungen "Frontal" und "Heute Journal" die Auftritte von Angelika Beer zur Kenntnis nehmen.

Wenn Politiker/-innen sich in einer solchen Weise vor der Öffentlichkeit äußern, ist es nur zu verständlich, dass sich die Menschen, die Wählerinnen und Wähler von der Politik abwenden.

Da fragt eine Journalistin etwas, was die Öffentlichkeit durchaus interessiert, die Vorsitzende einer Partei, die sich ausdrücklich für Basisdemokratie einsetzt, weist die Fragerin mit der vollen Arroganz der vermeintlichen Macht zurecht, bügelt berechtigte Fragen ab als wären sie ‚Dreck unter dem Schuh'.

Bei einem solchen Umgang mit denen, deren Interessen sie vertreten sollte, können wir uns nicht vorstellen, dass sie uns für den anstehenden Wahlkampf hilfreich sein könnte, weil wir ähnliche Entgleisungen befürchten müssen. Dieses um so mehr, weil es nicht zum ersten Mal geschieht.

Zum zweiten ist es dringend geboten, dass sich die Partei von einem derartigen Verhalten distanziert. Und das nicht nur aus sog. Stilfragen, sondern, weil wir uns aus politischen Gründen im Zusammenhang mit unserer Glaubwürdigkeit davon distanzieren müssen.

Zum dritten wäre es geboten, dass sich A. Beer bei der Journalistin und damit bei den Menschen, die diesen Auftritt ertragen mussten, entschuldigt. Unsere politischen Gegner und Gegnerinnen können ihre helle Freude an einer Parteivorsitzenden haben, die die Grundsätze und politischen Ziele ihrer Partei derartig unmöglich in der Öffentlichkeit dem Gespött preisgibt.

Ein solches Verhalten ist durchaus parteischädigend zu nennen. Es ist an der Zeit, über mehr Konsequenzen nachzudenken als eine sog. Abstrafung bei der Wahl auf den 5. Platz der Europaliste.

Wir wollen so etwas nicht noch einmal erleben, wir haben uns für die Parteivorsitzende geschämt.

Für den Kreisverband Dortmund

Für den Kreisverband Dortmund
Hilke Schwingeler, Sprecherin
Matthias Dudde, Sprecher

gez. Martina Müller, Kreisgeschäftsführerin