Rechenschaftsbericht des Vorstands im Kreisverband Dortmund für das Jahr 2003

aus: Basisdienst - Informationen aus dem Kreisverband Dortmund 2/2004, 24. Februar 2004

Entwicklungen im Kreisverband

Das Jahr 2003 war für den Kreisverband ein Jahr ohne Wahlkampf. Die Mitgliederzahl des Kreisverbandes verbesserte sich leicht. Trotzdem sind die personellen Ressourcen weiterhin gering. Positiv kann vermerkt werden, dass sich aus den Arbeitsgruppen Aktive stärker an den Kreisverband binden lassen: Zur Jahresmitte wurden Kim Docter (GRÜNE Jugend), Gregor Fabian (AG Arbeit und Soziales) und Ulrich Langhorst (AG Außen) in den Vorstand nach gewählt. Nachdem Markus Kurth entsprechend seiner Ankündigung und satzungsgemäß sein Amt als Vorstandsprecher niederlegte, wählte die Mitgliederversammlung Matthias Dudde zu seinem Nachfolger. In die Position des Kreisschatzmeisters wurde schließlich im November Ulrich Langhorst gewählt. Neben der personellen Verstärkung des Vorstandes erfüllten sich auch die praktischen Erwartungen an das Wahlkreisbüro, das Markus Kurth im Januar eröffnete. Durch seine Mitarbeiterin Bianca Samberg sind jetzt mehr Öffnungstage des "gesamten" GRÜNEN Büros möglich. Und auch die finanzielle Entlastung durch das Wahlkreisbüro hat dazu beigetragen, dass sich der Kreisverband 2003 weiter finanziell konsolidieren und seine letzten Verbindlichkeiten beim Landesverband ausgleichen konnte.

Politische Aktivitäten im Kreisverband

Nach der Bundestagswahl 2002 versuchte der Vorstand über die Einrichtung von Arbeitsgruppen, die politische Arbeit auf eine breitere inhaltliche Basis zu stellen. Entstand zunächst eine AG zum Thema "Cross-Border-Leasing", so bildeten sich nach dem "Neuen-Treffen" am 30.01.2003 die "Irak-AG" (später AG Außen), die "Hartz-AG" (später AG Arbeit und Soziales) und AG Schule/Bildung. Parallel dazu arbeitete auch die AG Agenda 21 kontinuierlich weiter.

Die Irak-AG engagierte sich gegen den damals noch drohenden Angriff der USA auf den Irak. In mehreren Aktionen wurde auf diesen ungerechtfertigten Krieg hingewiesen u. a. mit Informationsständen in der Innenstadt und durch Teilnahme mehrerer Mitglieder des Dortmunder Kreisverbands an der Groß-Demonstration in Berlin am 15.02.2003 Auf der Dortmunder Kundgebung am Tag des Kriegsbeginns (20.03.2003) trat die Kreissprecherin Hilke Schwingeler auf und die AG verhüllte die Friedenssäule vor dem Rathaus mit einem schwarzen Trauerflor. Die Stellung der UNO und die Folgen des Krieges waren Thema zweier weiterer Veranstaltungen des Kreisverbandes: Am 19.04.2003 diskutierten darüber die Landessprecherin Britta Hasselmann und Sebastian Müller unter der Moderation von Oliver Keymis MdL auf einer Bühne vor der Reinoldikirche und am 24.04.2003 war Kerstin Müller Gast einer mit 50 Personen gut besuchten Kooperationsveranstaltung mit der Auslandsgesellschaft NRW. Nach dem Krieg erweiterte die AG ihr inhaltliches Arbeitsfeld, wandte sich dem Thema Europa zu. Als AG Außen bearbeitete sie den Entwurf zum Europawahlprogramm und formulierte für die BDK in Dresden zwei erfolgreiche Änderungsanträge zum Referendum über die Europäische Verfassung. Zum Ende des Jahres begann sie mit der inhaltlichen Planung der Veranstaltungen für den Europawahlkampf 2004 in Dortmund.

Die "Hartz-AG" arbeitete am zentralen innenpolitischen Thema: Der grundlegende Umbau des Sozialstaates - vorgegeben durch Hartz- und andere Kommissionen sowie die Agenda 2010 - sollte nicht kritiklos hingenommen werden. Die Sorge des Kreisverbandes, dass die Schwächeren weiter an den gesellschaftlichen Rand gedrängt würden, fand in einer ganzen Reihe gesetzlicher Vorhaben ihre Bestätigung (u. a. Einrichtung eines Niedriglohnsektors, Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen oder Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramme). In dieser sozial- und arbeitsmarktpolitischen Debatte entstand oft der Eindruck, dass die Bundestagsfraktion zu vieles, zu kritiklos hinnahm. Auch in Kenntnis der Überlegungen und der Position innerhalb der Fraktion gestaltete sich das Verhältnis zu unserem Dortmunder MdB Markus Kurth schwierig. Dies zeigt sich vor allem in der sehr emotionalen Mitgliederversammlung direkt nach der Cottbusser Sonder -BDK "Zukunft der Sozialversicherung, Arbeitsmarkt und Kündigungsschutz". Der Kreisverband hatte sich schon früh entschieden, die Initiative des KV Münster zu unterstützen, auf einer Sonder-BDK eine kritischere Positionierung der GRÜNEN in dieser Frage durchzusetzen. Cottbus brachte zwar einen Kompromiss, der aber sehr von der Koalitionslogik geprägt war und vom Kreisverband als Niederlage empfunden wurde. Und selbst dieser Kompromiss musste zwei Monate später in einem gemeinsamen Mahnbrief der VorstandssprecherInnen der Kreisverbände Münster und Dortmund an die Bundestagsfraktion in den Fragen der Zumutbarkeitsregelungen und der Festsetzung des so genannten Arbeitslosengeldes II eingefordert werden. Nach den Entscheidungen im Bundestag und Bundesrat über diese Reformgesetze, pulverisierte letztlich zum Jahresende der Vermittlungsausschuss die von den GRÜNEN eingebrachten Punkte. Ein positives Signal für den Kreisverband setzte Markus Kurth mit seiner Gegenstimme zu den Zumutbarkeitsregelungen in der entscheidenden Bundestagsabstimmung im Dezember 2003.

Auf Landesebene bestimmte die "Selbstfindung" des Ministerpräsidenten die politische Stimmung. Sie mündeten in das "Düsseldorfer Signal", das von der Öffentlichkeit als Stärkung der GRÜNEN innerhalb der Koalition aufgenommen wurde. Trotz größerer Bedenken u. a. zu den bildungspolitischen Teilen dieser erneuerten "Koalitionsvereinbarung" mit der SPD, stellt die Aufgabe der Metrorapidplanungen einen GRÜNEN Erfolg dar, der auch die jahrelange Dortmunder Arbeit gegen dieses Projekt positiv bestätigte.

Die Gesamtpartei beschäftigte in der ersten Jahreshälfte die Frage "Trennung von Amt und Mandat". Nachdem die Mitgliederversammlung innerhalb weniger Monate zweimal den BDK-Delegierten das Votum für eine Beibehaltung der Trennung mitgab, galt es nun die Argumente noch einmal für die Urabstimmung unter den Mitgliedern auszutauschen. Dazu wurde der Landessprecher Frithjof Schmidt zur Mitgliederversammlung am 26.03.2003 eingeladen. Für den Kreisvorstand formulierte Birgit Ebel die Gegenargumente. Im Ergebnis fand sich jedoch in der Urabstimmung eine breite Mehrheit der GRÜNEN Mitglieder zur Aufhebung der Trennung und zur Änderung der Bundessatzung entsprechend der Regelung in NRW: Ein Drittel der Mitglieder des Bundesvorstandes können nun gleichzeitig ein Abgeordnetenmandat besitzen.

Das zweite Halbjahr war in Dortmund durch die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" und die Auseinadersetzung mit den Rechtsextremen bestimmt. Organisatorisch begleitete der Kreisverband die Ausstellung als Mitglied des Initiativkreises Wehrmachtsausstellung, der den Rahmen für das weit über 100 Veranstaltungen umfassende Begleitprogramm setzte. Inhaltlich sich der Kreisverband in der Zeit der Ausstellung mit der Zentralstelle zur Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund auseinander. Die Kritik an der skandalösen Ermittlungspraxis dieser Staatsanwaltschaft wurde in der Veranstaltung mit der ehemaligen grünen Landtagsabgeordneten Brigitte Schumann und dem Fernsehautoren Hans-Rüdiger Minow (Fernsehbeitrag: Mord auf Kephallonia) von dem überwiegende Teil der 60 BesucherInnen geteilt.

Einen ersten Auftakt zu den rechtsextremistischen Aufmärschen gab es schon am 08.05.2003 als am Kriegerdenkmal in Oespel demonstriert wurde. Dabei stellte Dr. Frank Gillmeister für die GRÜNEN die Qualität dieses Ort als Mahn- und Gedenkort in Frage und forderte zum wiederholten Male das Kriegerdenkmal von seinem Standplatz zu entfernen. Mit der Erfahrung der Einkesselungen bei den Demonstrationen 2000 galt es mit der Notgemeinschaft Polizeikesselbetroffener positiven Einfluss auf das Einsatzverhalten der Polizei für die angekündigten Demonstrationen parallel zur Ausstellung zu nehmen. Im Juli lud daher der Vorstand die Landtagsabgeordneten Monika Düker und Brigitte Hermann ein, um sich über die landespolitischen Vorgaben zu informieren. Mit ihnen wurde auch vereinbart, dass die Demonstrationen wieder durch GRÜNE Landtagsabgeordnete beobachtet werden. In dem auch der Initiativkreis Wehrmachtsausstellung seinen Einfluss gelten machte, verliefen die Tage der Demonstrationen gegen die rechtsextremen Aufmärsche am 20.09. und 25.10.2003 friedlich. Dieser Erfolg und der Erfolg der Ausstellung mit rund 40.000 BesucherInnen dürfen jedoch nicht den Blick auf die strukturellen Veränderungen in der rechtsextremen Szene verstellen. Es war auffallend, dass die Organisation und Durchführung der rechten Kundgebungen im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren von der Dortmunder Szene selbst geleitet wurde. Dies ist Ausdruck einer Festigung und Professionalisierung der hiesigen Strukturen. Das Thema der rechtsextremistischen Gruppierungen muss demnach auch in den kommenden Jahren unser besonders Augenmerk haben.

Perspektiven für den Kreisverband

Seit September 2003 laufen die Vorbereitungen für die Kommunal- und Europawahlen in 2004. Die wieder eingerichteten Wahl AG begann für die Europawahl in Absprache mit der AG Außen erste Veranstaltungen zu planen: z. B. die Lesung zur US-Außenpolitik mit dem österreichischen GRÜNEN Peter Pilz am 31.03.2004 in der Auslandsgesellschaft. Zudem ist vorgesehen für beide Wahlkämpfe Bundes- und Landespromis einzuladen. Auch die Aktionsplanungen wurden mit der Anpachtung des Sonnenblumenfelds im Groppenbruch gestartet. Ebenso begann die Diskussion um das Kommunalwahlprogramm, zu dem überwiegend die Mitglieder der Fraktion als AutorInnen gewonnen werden konnten. Der Vorstand erwartet, dass die Internetpräsentation mit den Wahlaussagen und Terminankündigungen in den kommenden Wahlkämpfen eine größere Bedeutung hat. So hat er Heinz Schröder beauftragt, Extraseiten für die Kommunal- und Europawahl, unsere Oberbürgermeister-Kandidatin und einen Großteil der Ortsverbände zu erstellen. Es ist geplant, dass diese Seiten zwischen Februar und April 2004 ins Netz gestellt werden. Ein erstes kommunalwahlpolitisches Highlight im Kreisverband war die Wahl Daniela Schneckenburgers zur GRÜNEN Oberbürgermeister-Kandidatin auf der Mitgliederversammlung im Dezember. Mit ihrem klaren sozialpolitischen Profil wollen wir sie im Wahlkampf stärken und uns ein gutes Wahlergebnis erarbeiten, damit Dortmund im September noch GRÜNER wird.

Neben den Wahlkämpfen steht der Kreisverband im Jahre 2004 vor zwei Aufgaben: Die Zusammenarbeit mit Markus Kurth als sozialpolitischer Sprecher auch in der öffentlichkeitswirksamen Zusammenarbeit vor Ort stärker zu suchen und die neuen - oft jüngeren - Mitglieder in die politische Arbeit des linken Dortmunder Kreisverbandes einzubetten. Für diese vor uns liegenden, spannenden Aufgaben des Jahres 2004 würden wir - euer Vertrauen vorausgesetzt - für eine weitere Amtszeit als Sprecherin und Sprecher des Vorstands zur Verfügung stehen.

Hilke Schwingeler und Matthias Dudde