Versprechen zur Entlastung der Kommunen muss eingehalten werden!

Antrag zum Landesparteirat der GRÜNEN NRW, 7. März 2004

Die nordrhein-westfälischen Kommunen haben große Hoffnung in die Gemeindefinanzreform gesetzt.

Angesichts der langjährigen Unterdeckung ihrer Haushalte und Fehlbeträgen von zur Zeit annähernd 4 Milliarden Euro, sowie Kassenkrediten von 6,3 Milliarden Euro, war die politisch zugesagte bundesweite Entlastung in Höhe von 5 Milliarden Euro zumindest ein Licht am Ende des Tunnels.

Zur Zeit zeichnet sich allerdings ab, dass die Ergebnisse der Beratungen im Vermittlungsausschuss weder qualitativ noch quantitativ ausreichend sein werden. Bei der Reform der Gewerbesteuer wurde die Mindestbesteuerung von großen Unternehmen durchgesetzt und einige Steuerschlupflöcher wurden geschlossen, jedoch unterblieb die Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen durch die Einbeziehung der freien Berufe, der Mieten, Pachten und Leasingraten. Damit ist ein qualitatives Ziel der Reform, nämlich die Verstetigung der kommunalen Steuereinnahmen, nur teilweise erreicht worden. Ob die prognostizierten Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro tatsächlich in den kommunalen Kassen ankommen werden, bleibt abzuwarten.

Alarmierend sind indessen die bisherigen Berechnungen der nordrhein-westfälischen Landkreise und einiger Städte, die ergeben , dass bei der Neuordnung der kommunalen Zuständigkeit im Rahmen der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe quantitativ keine Entlastung, sondern insgesamt sogar eine Belastung von ca. 1 Milliarde Euro die Folge sein wird. Der im Vermittlungsausschuss beschlossene Kompromiss, dass die Kommunen von der Sozialhilfe für die Erwerbsfähigen entlastet werden, dafür jedoch die Kosten der Unterkunft (KdU) für alle verbleibenden SozialgeldempfängerInnen und alle Arbeitslosengeld II-BezieherInnen übernehmen sollen, führt demnach nicht nur im Einzelfall zu einer neuen Belastung. Obwohl NRW die eigene Entlastung des Landeshaushalts in Höhe von 405 Millionen Euro in voller Höhe an die Kommunen weiterreicht werden diese wegen des im Vermittlungsausschuss beschlossenen neuen Solidarbeitrags für Ostdeutschland nur in Höhe von 185 Millionen Euro tatsächlich entlastet.

Die kommunalen Spitzenverbände hatten schon während des Vermittlungsverfahrens eine 100%ige Übernahme der KdU abgelehnt, sind aber nicht gehört worden. Die Quantifizierungsgruppe der Gemeindefinanz-Reformkommission konnte somit die finanziellen Auswirkungen des Vermittlungsergebnisses bislang nicht bewerten. Sie muss jetzt dringend nochmals einberufen werden, damit baldmöglichst verlässliche Aussagen über die finanziellen Auswirkungen für alle Kommunen und einzelne Regionen gemacht werden können.

Vor dem Hintergrund, dass Teile der zugesagten Entlastung für die Betreuung der Kinder unter 3 Jahre eingesetzt werden sollen und die NRW-GRÜNEN den Ausbau seit langem wollen, fordert der LPR:

  • Die politisch zugesagte Entlastung der Kommunen in Höhe von 5 Milliarden Euro muss auch tatsächlich vom Bund eingehalten werden.
  • Die Gemeindefinanzreform bleibt weiter auf der Tagesordnung, weil die Verstetigung der kommunalen Steuereinnahmen erreicht werden muss.
  • Die Berechnungen aus den Kreisen und kreisfreien Städten in NRW müssen vergleichbar gemacht und in jeweils verschiedenen Szenarien (Annahmen der Bundesregierung) nachgerechnet werden. Diese Berechnungen müssen in das Vermittlungsverfahren im Bund eingespeist werden. Bundesregierung, Länder und kommunale Spitzenverbände müssen auf diesem Weg zu einer einheitlichen Interpretation der finanziellen Folgen von Hartz IV für die Kommunen kommen. Je nach dem dann festgestellten Ausmaß der drohenden finanziellen Lücke sind auch die nachfolgenden Optionen zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen:
    1. Die Anrechung von Einkommen und Vermögen auf das Arbeitslosengeld II soll nicht vorrangig mit den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit verrechnet werden, sondern nach einem noch zu bestimmenden Verteilungsschlüssel zwischen Bundesagentur und Kommune aufgeteilt verrechnet werden.
    2. Der Bund und die Länder übernehmen einen Teil der von den Kommunen aufzubringenden Unterkunftskosten.
    3. Der Bund und die Länder entwickeln Möglichkeiten eines besonderen Finanzausgleichs für die Kommunen, die einen überproportionalen Anteil an Arbeitslosenhilfeempfängern aufweisen und/oder mit besonderen Strukturproblemen zu kämpfen haben.
  • Hierbei soll gelten: auch wenn die Leistungen nicht aus einer Hand gezahlt werden, sollen sie aber von einer Stelle ausgezahlt werden.
  • Perspektivisch muss bei kommunalrelevanten Fragestellungen eine bessere Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände sichergestellt werden.

Das Optionsmodell muss den Kommunen in der Ausgestaltung eine wirkliche Wahl lassen

In den Kommunen stellt sich derzeit die Frage ob es aus der jeweiligen spezifischen Situation heraus sinnvoll ist vom Optionsrecht gebrauch zu machen oder ob ihre Erfahrungen über das AG Modell eingebracht werden sollen.

Dabei ist klar, es kann nicht eine richtige Antwort für alle Kommunen geben, sondern für jede Kommune die individuelle Antwort.

Damit Kommunen optionieren können müssen die Rahmenbedingungen schnellstmöglich klar und akzeptabel sein. Dazu zählt, dass es keine Alternative zu einer Grundgesetzänderung gibt, da die Organanleihe für die Kommunen inakzeptabel ist und ihnen jede tatsächliche Wahl genommen hätte.. Aber auch die finanzielle Ausstattung muss so gestaltet sein, dass Eingliederungshilfe nicht nur theoretisch sondern auch praktisch von dem Geld des Bundes möglich ist, ohne das die Kommunen mit eigenen Mitteln zwingend einsteigen müssen. Außerdem darf die Finanzierungsgrundlage zum Entscheidungszeitraum nicht durch die perspektivische Anwendung unterschiedlicher Arbeitsmarktquoten unklar gehalten werden. Die Kommunen brauchen eine verbindliche Kalkulationsgrundlage. Gerade für Kommunen im Haushaltssicherungskonzept ist es ganz entscheidend das auch sie eine Wahl haben. Dazu halten wir es für sinnvoll, dass im Falle der Entscheidung für die Option der gesamte Aufgabenbereich zur Pflichtaufgabe wird.

Zu bedenken ist auch, dass es klare Lösungen für die Arbeitsamtsbezirke geben muss, in denen sich die Kommunen für unterschiedliche Wege entscheiden.

Ebenso muss sichergestellt werden, dass es im Sinne der Betroffenen und der Kommunen eine einheitliche Rechtsbehandlung zwischen Kommunen die optionieren und die sich für das AG Modell entschieden haben geben muss, damit die Stadtgrenzen nicht zu neuen Verschiebegrenzen werden.

Die Betroffenen nicht aus dem Blick verlieren

Jenseits der schon mehrfach geäußerten grundsätzlichen Kritik an Hartz IV aus Sicht der Betroffenen halten wir einige Punkte in der Umsetzung für unzumutbar:


Wir haben immer gefordert das die Zuverdienstmöglichkeiten im Gehalt- und Teilzeitsegment für die Betroffenen verbessert werden. Dies wurde den Betroffenen zugesagt. Aktuelle Berechnungen haben aber ergeben das es außer in extrem hohen Zuverdienstsegmenten durchweg zu einer Verschlechterung kommen wird. Dies muss im Sinne der Betroffenen repariert werden um Anreize zum Zuverdienst zu schaffen.

Es war zugesagt, das es für die bisherigen BSHG BezieherInnen zu einer finanziellen Verbesserung oder zumindest keiner Verschlechterung gegenüber den bisherigen BSHG Leistungen kommen werde. Nach der geplanten Regelsatzverordnung wird es aber für die Altersklasse der Kinder und Jugendlichen ab 7 Jahren zu deutlichen Verlusten gegenüber den bisherigen BSHG Leistungen kommen.Das darf nicht sein, denn SGB 12 und SGB 2 müssen armutsfest sein.

Im Sinne der Betroffenen muss es bei all den anstehendes Überlegungen zu einer Sicherstellung von einer ortsnahen Beratungs- und Leistungsgewährungsstruktur kommen.

Abschluss:

Der LPR fordert die Landtags- und Bundestagsfraktion sowie die Landes- und BundesministerInnen auf sich in diesem Sinne für die Kommunen und die Betroffenen einzusetzen.

Ewald Groth, KV Bochum
Barbara Steffens, KV Mülheim
Markus Kurth, KV Dortmund
KV Steinfurt
KV Herne
KV Dortmund