Situation in der Justizvollzugsanstalt Dortmund verfassungswidrig

Pressemitteilung, 12. März 2007

Dr. Ruth Seidl, Mitglied des Landtages NRW für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Mitglied der NRW-Justizvollzugskommission sowie eine Reihe von Vertreterinnen und Vertretern der Dortmunder GRÜNEN haben sich heute ein persönliches Bild von der Situation in der Dortmunder Justizvollzugsanstalt (JVA) gemacht und sind zu einem ernüchternden Ergebnis gekommen.

"Resozialisierung findet in der JVA Dortmund kaum noch statt. Es geht darum, den Notstand zu verwalten und die Insassen zu verwahren. Damit kommt die JVA Dortmund nicht ihrem gesetzlichen Resozialisierungsauftrag nach." Zu diesem Urteil kommt Ruth Seidl, nachdem sie über die aktuelle Situation in der JVA von Seiten der Anstaltsleitung aufgeklärt worden war.

Demnach stellen sich gleich mehrere Problembereiche dar. Durch Überbelegung der Anstalt müssen immer mehr Insassen auf engstem Raum untergebracht werden. Laut Aussage der Anstaltsleiterin Frau Blickslager kann in Dortmund die Mindestraumgröße pro Insassen nicht eingehalten werden und ist deshalb als verfassungswidrig einzuschätzen.

Darüber hinaus lässt die teils über hundert Jahre alte Gebäudestruktur keinen modernen Strafvollzug zu. Arbeitsmöglichkeiten sind aufgrund viel zu kleiner Arbeitsräume nur für wenige Häftlinge vorhanden. Von den aktuell 434 Gefangenen in der JVA Dortmund haben zurzeit nur 121 die Möglichkeit, einer Beschäftigung innerhalb der JVA nachzugehen. Dazu Marion Lammers, GRÜNES Mitglied im Beirat der JVA Dortmund: "Der schon über Jahre geplante und immer wieder verschobene Neubau der JVA ist inzwischen mehr als überfällig, um zu einer dem Gesetz angemessenen Form der Unterbringung der Insassen zu kommen."

Zu der schon aktuell sehr angespannten Personalsituation hat die JVA Dortmund von Seiten der Landesregierung die Maßgabe bekommen, bis Ende 2008 ihre Kapazitäten im allgemeinen Vollzugsdienst um 16 Stellen auf dann 120 zu kürzen. Angebote wie Sportaktivitäten, die heute schon nur auf niedrigem Niveau gefahren werden können, müssen dann weiter reduziert bzw. ganz eingestellt werden.

"Letztendlich sitzen zusehends mehr Gefangene 23 Stunden pro Tag in ihrer Zelle. Von Resozialisierung kann hier wirklich nicht mehr die Rede sein. Welche Perspektiven haben diese Insassen nach ihrer Freilassung aus der Haft?" fragt sich Marion Lammers.

Das Fehlen einer Perspektiventwicklung während der Haftzeit wird auch von Frau Blickslager gesehen. So ist zum Beispiel der Psychologische Dienst der Anstalt mit anderthalb Stellen stark unterbesetzt und nicht ausreichend qualifiziert. Therapien finden in der JVA Dortmund nicht statt.

Ruth Seidl: "Ich werde diese Informationen in die entsprechenden landespolitischen Gremien, insbesondere in die Justizvollzugskommission mitnehmen. Geht es doch auch vor allem darum Ereignisse zu verhindern, wie sie in der JVA Siegburg im November 2006 vorgefallen sind."