Dortmunder GRÜNE verurteilen erneute Zusammenarbeit der Zentralen Ausländerbehörde Dortmund mit einer Delegation aus dem Folterstaat Guinea

Pressemitteilung, 24. Juli 2007

Zur Zeit führt die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) Dortmund eine erneute Sammelanhörung westafrikanischer Flüchtlinge vor einer Delegation aus Guinea durch. Diesmal findet die Anhörung in den Räumen der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) Braunschweig vom 16. bis 27. Juli 2007 statt. Zudem veröffentlichte Amnesty International kürzlich einen Report über massive Menschenrechtsverletzungen in Guinea im Frühjahr 2007.

Die Dortmunder GRÜNEN verurteilen noch einmal die Zusammenarbeit mit Delegationen aus diesem Land und erneuern ihre Forderung nach einem sofortigen Abschiebestopp.

Stephan Gümbel, Kreisschatzmeister: "Wiederum sind zwei Polizeibeamte aus dem guineischen Sicherheitsministerium in den Räumen der ZAAB Braunschweig tätig, die an der Identifizierung von politisch verfolgten Flüchtlingen mitarbeiten, die zur Abschiebung benötigten Papiere ausstellen und die Namen der Betroffenen gleich mit nach Guinea nehmen. Wir sind empört, dass das Innenministerium NRW und die Dortmunder ZAB den Abschiebemarathon bedenkenlos fortsetzen und zu diesem Zweck mit einer - wenn auch neu zusammengesetzten - Delegation aus Guinea kooperieren. Es kann nicht sein, dass sich unser Rechtsstaat mit Hilfe von Staatsdienern eines korrupten und diktatorischen Regimes sehr komfortabel eines Problems entledigt, dessen Ursache genau bei diesem Regime liegt, das ungehindert die grundlegenden Rechte seiner Bürger mit Füßen tritt."

Eine diesem Sicherheitsministerium unterstehende Polizeieinheit, die "CMIS police", ist laut Human Rights Watch und Amnesty International an Menschenrechtsverletzungen* beteiligt gewesen.

Nach uns vorliegenden Informationen soll einer der Delegationsmitglieder aus dem guineischen Sicherheitsministerium nach übereinstimmenden Äußerungen von mehreren in Deutschland lebenden Guineern für seine Brutalität bekannt sein. Derzeit werden von Menschenrechtlern Erkundigungen über eine mutmaßliche Beteiligung dieses Beamten an Folterungen eingeholt.

Wiederum finden die Sammelanhörungen unter größter Geheimhaltung statt, diesmal gar in einer völlig abgelegenen und abgeschirmten Ausländerbehörde, der ZAAB Braunschweig. Lediglich der Name des neuen Delegationsleiters wird genannt. Das Verfahren, anhand von Äußerlichkeiten und Sprachfärbung auf eine Staatszugehörigkeit zu schließen, bleibt äußerst fragwürdig; insbesondere westafrikanische Sprachen werden staatenübergreifend gesprochen. Es gibt kein Protokoll, welche den Entscheidungsprozess der Delegation dokumentiert, es gibt nicht einmal eine aussagekräftige Statistik über die Erkenntnisse der deutschen Behörden aus den Sammelanhörungen. Die Gespräche zwischen Delegation und Flüchtlingen werden wiederum zum Teil in westafrikanischen Sprachen geführt, die vom Dolmetscher nicht beherrscht werden, deren Inhalte den anwesenden deutschen Beamten und Anwälten verborgen bleiben.

Ulrich Langhorst, Sprecher des KV Dortmund: "Dass es bei den erneuten Sammelanhörungen nicht mit rechten Dingen zugeht, wird für uns schon daran deutlich, dass die Dortmunder ZAB diese Veranstaltung möglichst öffentlichkeitsfern in Niedersachsen abhält, obwohl ein Großteil der dort vorgeladenen Guineer aus NRW stammt. Ein berechtigter Protest wurde hier von vornherein geschickt ausgeschlossen."

Nicht nur die Dortmunder GRÜNEN haben erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit und Objektivität des Verfahrens. So stellte in der vergangenen Woche die niedersächsische GRÜNE Landtagsabgeordnete Filiz Polat nach der Beantwortung ihrer Kleinen Anfrage fest: "Dieses Verfahren ist zweifelhaft und gewährleistet nicht die für eine Abschiebung erforderliche Identifizierungssicherheit. Desweiteren ist Korruption in Guinea an der Tagesordnung und ein Anreiz zum Missbrauch durch die Delegation somit sicher gegeben. Denn diese Auslandsreisen sind wegen der gezahlten Spesen und Tagegelder sehr lukrativ. Dass sich die deutschen Behörden auf diese fragwürdige Weise die Amtshilfe eines kokrrupten Staates erkaufen, lehne ich ausdrücklich ab."

Auch die GRÜNE Landtagsfraktion NRW befasst sich derzeit mit den aktuellen Sammelanhörungen, die Landtagsabgeordnete Monika Düker hat diesbezüglich eine Kleine Anfrage verfasst.

Nachdem bereits im vergangenen Jahr die international anerkannte Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die Anwendung brutaler Gewalt und die Praktizierung von Folter durch guineische Sicherheitskräfte belegen konnte, verdeutlicht der aktuelle Report von Amnesty International die Zuspitzung dieser Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Streiks und friedlichen Demonstrationen im Frühjahr dieses Jahres: Sicherheitskräfte haben in erheblichem Umfang auf friedliche Demonstranten geschossen, dabei - so allein amtliche Angaben - mehr als 130 Menschen getötet und mehr als 1500 Menschen verletzt. Amnesty berichtete von Exekutionen, Vergewaltigungen, Verhaftungen und Folter. Opfer waren vor allem Gewerkschaftmitglieder, Regimekritiker und Demonstrationsteilnehmer und deren Familien, auch Kinder wurden erschossen.

Amnesty International betont in seinem aktuellen Report zu Guinea, dass nicht nur Teile des Militärs sondern auch die "Berets rouge", eine für ihre Brutalität berüchtigte "Präsidialgarde", die "Gendarmerie" und auch die dem Sicherheitsministerium unterstehende "CMIS police" (Compagnie mobile d'intervention et de sécurité) aktiv an Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren. *

Ulrich Langhorst, Sprecher des KV Dortmund: "Es ist für die Dortmunder GRÜNEN nicht nachvollziehbar, dass das Auswärtige Amt und das Bundesamt für Migration diese Zustände nicht wahrhaben wollen, sie sogar leugnen, und nach unserer Auffassung berechtigtes politisches Asyl nicht gewähren. Es ist höchste Zeit, dass die den Asylentscheidungen zugrundeliegenden Gefährdungs-Einschätzungen endlich von den nun vorliegenden Fakten und nicht wie bisher von veralteten und realitätsfernen Informationen ausgehen."