Globalisierung, Neoliberalismus und Rechtsextremismus
Veranstaltung mit Professor Christoph Butterwegge in der Auslandsgesellschaft

Pressemitteilung, 13. Dezember 2007

Über Globalisierung, Neoliberalismus und Rechtsextremismus sprach vor etwa 50 Zuhörern und Zuhörerinnen gestern Professor Christoph Butterwegge in der Auslandsgesellschaft. Er tat das im Rahmen einer Vortragsreihe des Dortmunder GRÜNEN Kreisverbands: "Kein Fußbreit den Rechten!"

Christoph Butterwegge begann seinen Vortrag mit dem provokanten Hinweis, dass deutscher Rechtsradikalismus nur zusammen mit rassistischen Diskursen in "der Mitte der Gesellschaft" zu verstehen sei, wenn sie auf den Umgang mit Konkurrenz und auf Exklusion gesellschaftlich schwächerer Mitmenschen, Gruppen oder Völker zu sprechen kommt. "Die Mitte der Gesellschaft", so zeigte Christoph Butterwegge in einem historischen Rückblick, war vom Kaiserreich bis in das Deutsche Reich des Hitlerfaschismus auf einen deutschen Herrenmenschen-Nationalismus und Rassismus geeicht. Mit der Kriegsniederlage von 1945 war dieser Nationalismus auch im allgemeinen politischen Bewusstsein der Deutschen freilich nicht länger politik- und salonfähig. Aber er hatte noch immer reihenweise intellektuelle Befürworter in den Staatsapparaten, den Universitäten und in den konservativen politischen Parteien, die nicht schwiegen. Sie redeten und schrieben rassistisch, natürlich nicht mehr über eine Endlösung der Judenfrage, sondern scheinbar harmloser über das Aussterben der Deutschen durch Gastarbeiterüberfremdung und allzu liberale Sexual- und Familienpolitik.

Rechtsextremismus war also auch in der jungen Bundesrepublik keineswegs eine Randgruppenerscheinung oder Protestattitüde von Subproletariern. Er ging von einer zwar geschwächten aber intellektuellen Mitte aus. Professor Butterwegge wies darauf hin, dass es gleichzeitig auch immer reichlich prominente politische Verharmloser früher rechtsradikaler Parteibildung wie der Deutschen Reichpartei oder von pogromartigen Überfällen auf jüdische Friedhöfe oder später auf Asylbewerberheime gab. Von Franz-Josef Strauß erzählte er die schöne Anekdote, dass er die Verwüstung jüdischer Friedhöfe in einer Nacht der frühen 1960er zu einem perfiden Werk der Stasi erklärte, um den guten internationalen Ruf der Bundesrepublik zu zerstören. Aber es gab auch genug andere, die rassistische Übergriffe entweder als dumme Jungens Streiche erklärten, die sich biologisch erledigen würden, ebenso wie die Taten noch überlebender Altnazis.

Prof. Butterwegge stellte dagegen seine Erklärung für Rassismus und Rechtsextremismus. Er hält ihn für eine politische Haltung in Reaktion auf soziale Konkurrenz oder verschärfte Konkurrenz, wie sie heute etwa durch das neoliberale Projekt des global entgrenzten Konkurrenzkapitalismus gefördert wird. Dies Projekt produziert sozialen Zündstoff, indem es das wohlfahrtsstaatliche soziale Netz zerreißt, einen Run auf Lohn- und Gehaltsenkungen und auf Billigstlöhne einläutet und Wut auf "Schmarotzer", Einwanderer und Asylsuchende auslösen kann. Es heizt die Konkurrenz zwischen Wirtschaftsstandorten an, hetzt Kommunen und Länder mit ihren Wirtschaftsförderern aufeinander, der durchaus in einen "Standortnationalismus" ausarten kann. Gefundenes Fressen aus "der Mitte der Gesellschaft" für Rechtsextremisten.

In der Diskussion wurde deutlich, dass der Rechtsextremismus heute mit sehr unterschiedlichen politischen Antworten und den entsprechend unterschiedlichen Organisationen aufwartet. Es gibt die alten völkischen Antworten, die am ehesten die DVU vertritt, es gibt den globalisierungskritischen Utopismus, den manche Kameradschaften vertreten und es gibt standortnationalistische Strömungen, die sich am stärksten in der NPD äußern. Ein Dortmunder Kenner der rechtsradikalen Szene bestätigte die Breite der rechtsradikalen Ansätze in Dortmund, wies aber auch darauf hin, dass sie sich organisatorisch und politisch nicht nur ergänzen sondern auch zusammenarbeiten und sich gegenseitig fördern. Obwohl von verschiedenen Zuhörern gefordert, blieb leider kaum noch Zeit, darüber zu diskutieren, ob und wie mit einer ebenso breiten wie vielseitigen politischen Strategie auf die Herausforderungen der rechtsradikalen Szene in Dortmund - und die Herausforderungen durch neoliberale Projekte - geantwortet werden könnte.

Die GRÜNEN setzen diese Reihe der Diskussionen über Rechtsradikalismus am 7. Februar 2008 im Fritz-Henßler-Haus fort. Dann wird Peter Wahl von Attac über das Thema "Alle Gewalt geht von den Rechten aus..." sprechen.

Martina Müller, Kreisgeschäftsführerin