Kein Fußbreit den Rechten: Dr. Gössner gegen Spitzelsystem und Parteienverbot im Umgang mit der NPD

Bericht zur Veranstaltung vom 26. Mai 2008

Am 26. Mai 2008 war der Rechtsanwalt Dr. Rolf Gössner aus Bremen der Hauptredner in der Diskussionsreihe zum Umgang mit Rechtradikalismus in Dortmund. Goessner erklärte, warum das NPD-Verbotsverfahren, das die rot-grüne Bundesregierung 2001 angestrengt hatte, scheiterte. Es scheiterte durch die Bespitzelung der NPD durch den Verfassungsschutz. Die Zahl der Agents Provocateurs hatte solche Ausmaße angenommen, dass nicht mehr zu klären war, ob Straftaten gegen die Verherrlichung von Nazisymbolen und kriminelle Angriffe auf Fremde und Linke durch die NPD oder den Staat selbst, der die Partei unterwandert hatte, begangen wurden. Im Berliner Landesverband hatten etwa V-Leute die Mehrheit.

Goessner meinte außerdem, dass die deutsche Demokratie froh sein müsste, dass das Verfahren für ein Verbot der NPD schon ganz früh scheiterte. Denn es drohte ernsthaft ein Geheimverfahren, um V-Leute zur Aussage zu kriegen, ausgerechnet in einem Verfahren um rechtsstaatliche Grundlagen der Demokratie. Außerdem hätte die antiliberale Ausgrenzungsbereitschaft der Mehrheitsdemokraten im Verfahren Nahrung erhalten, und die Rechtsradikalen um die NPD wären in den Untergrund gedrängt worden. Jede Diskussion über Gründe über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung "in der Mitte der Gesellschaft" wäre damit wieder einmal abgebrochen gewesen.

In der anschließenden Diskussion wurde betont, dass ein NPD-Verbot in Dortmund sowieso nicht weiter geholfen hätte. Freie Kameradschaften und die DVU, die hier eine politische Rolle spielen, wären vom Verbot nicht getroffen worden. Die DVU hätte weiter öffentliche Gelder erhalten und die Kameradschaften ihre Räume unbehelligt nutzen können. Sie hätten weiter die Szenekneipe Hirsch-Q überfallen, wie zuletzt am 27. Mai um drei Uhr nachts. Grüne Ratsvertreter forderten, dass der kumpelhafte Umgang mit der DVU im Rat aufhören müsste. An seine Stelle müsste eine offensive Strategie der Mehrheit treten, die ihre Fähigkeit demonstriert, eine offene und effektive politische Auseinandersetzung mit den Rechtsradikalen zu führen. Selbstjustiz gegenüber Rechtsradikalen ist kein sinnvoller Weg in Dortmund, aber Ermutigen und Ertüchtigen der Zivilgesellschaft, Rechtsradikale zu enttarnen, im Alltäglichen und in der politischen Öffentlichkeit zu stellen und zu isolieren, und das V-Leute System des Verfassungsschutzes dabei ganz stark zurückzudrängen, das waren die Ideen des Kreisverbandes der Grünen an diesem Abend.

Als Ergebnis der Veranstaltung wurde herausgearbeitet, dass ein Verbot der NPD in der Auseinandersetzung gegen Rechts kontraproduktiv sein könnte.

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SpringerstiefelDie Veranstaltung "Unterwandern, verbieten und verdrängen - Mit V-Leuten, Partei- und Demonstrationsverboten gegen Rechts?" fand am 26. Mai 2008 im Fritz-Henßler-Haus statt. Es war die letzte Veranstaltung in der Reihe "KEIN FUSSBREIT DEN RECHTEN!".

Dr. Rolf Gössner © 2005 Heide Schneider-SonnemannDr. Rolf Gössner arbeitet als Rechtsanwalt und Publizist, ist Mitherausgeber des jährlich erscheinenden "Grundrechte-Reports" und hat zahlreiche Bücher zum Thema Innere Sicherheit und Bürgerrechte veröffentlicht, u.a. "Geheime Informanten. V-Leute des Verfassungsschutzes: Kriminelle im Dienst des Staates". Er ist Vizepräsident der "Internationalen Liga für Menschenrechte".