GRÜNE NRW-Hochschultour 2008: Unser Besuch an der Fachhochschule Dortmund

Bericht, 10. Juni 2008

Das Hochschulsystem besteht nicht nur aus Universitäten. Als zweite Säule sind es die Fachhochschulen, die eine wichtige und unverzichtbare Funktion bei der praxisnahen Hochschulausbildung der Studierenden erfüllen. Vor diesem Hintergrund war es die Fachhochschule Dortmund, die am 10. Juni die dritte Station auf der grünen NRW-Hochschultour bildete. An den Gesprächen mit dem Leiter des Dortmunder Studentenwerkes, der Gleichstellungsbeauftragten der FH und dem Dekan des Fachbereichs Informatik nahmen neben Kai Gehring MdB auch die Landesvorsitzende der NRW-Grünen, Daniela Schneckenburger und die Geschäftsführerin des grünen Dortmunder Kreisverbands, Martina Müller, teil.

Schon der erste Gesprächstermin in Dortmund gab der grünen Delegation einen guten Überblick darüber, wie stark sich die Lage der Studierenden in den vergangenen Jahren gewandelt hat. In der Diskussion mit Reiner Niebur, dem Leiter des Dortmunder Studentenwerkes, wurden viele grüne Einschätzungen bestätigt: Aufgrund der überstrukturierten Bachelor- und Masterstudiengänge und der finanziellen Zusatzbelastungen durch die schwarz-gelben Studiengebühren sind viele Studierende gestiegenen Leistungsanforderungen und Belastungssituationen ausgesetzt. Niebur, in verschiedenen Bereichen zuständig für insgesamt sieben Hochschulen im Dortmunder Umland, bemängelte vor allem, dass durch rückläufige Beschäftigungsmöglichkeiten eine prekäre Situation für die Studierenden geschaffen wurde. Durch das Wegfallen von Zuverdienstmöglichkeiten sei ein Großteil wieder auf den Geldbeutel der Eltern angewiesen - in einer Region wie dem Ruhrgebiet habe dies unweigerlich Auswirkungen auf die Studierendenzahlen. Dass parallel zu dieser Entwicklung das psycho-soziale Beratungsangebot ausgebaut werden musste, bewertete Niebur als alarmierend. Insgesamt drei neue Mitarbeiterstellen wurden geschaffen, um der Anfrage gerecht zu werden. Kai Gehring und Daniela Schneckenburger sprachen darüber hinaus vor allem aktuelle Probleme in der BAföG-Praxis, den starken Anstieg der Studienberechtigtenzahlen durch geburtenstarke und G8-Jahrgänge sowie die soziale Dimension von Hochschulreformen an.

Nach der Diskussion mit Herrn Niebur ging es für die Grüne Delegation weiter Richtung Innenstadt. Ziel war das FH-Hauptgebäude in der Sonnenstraße. An der dortigen Mensa wurde der grüne Infostand aufgebaut. Neben zahlreichen Gesprächen mit den Studierenden waren es auch die Mitarbeiter der Dortmunder Fachhochschule, die sich über grüne Hochschulpolitik informieren ließen. Immer wieder wurde in den Diskussionen Unmut über die unsozialen Studiengebühren und fehlende Studienplätze laut.

Nach der grünen Infoaktion ging es weiter zum zweiten Gesprächstermin: Gabriele Kirschbaum, Gleichstellungsbeauftragte der FH und eine von vier Sprecherinnen der "Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und Universitätsklinika des Landes Nordrhein-Westfalen" (LaKoF), empfing die Grünen PolitikerInnen in ihrem Büro. Schnell stellte sich Frau Kirschbaum als engagierte Kämpferin für eine geschlechtergerechte und familienfreundliche Hochschule und eine ernsthafte Frauenförderung heraus. So wurden neben mehreren Beratungsstellen für Studierende mit Kind auch Eltern-Kind-Räume an den verschiedenen Standorten der FH geschaffen. Kai Gehring lobte, dass Familienfreundlichkeit umfassend durchbuchstabiert und praktisch umgesetzt würde. Gemeinsames Anliegen war, verstärkt Männer für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu gewinnen - hiermit habe man in Dortmund sehr gute Erfahrung gesammelt. Neue Rollenmodelle für junge Männer müssten sich noch stärker etablieren, da auch sie ihre Vaterschaft aktiv annehmen und gestalten wollen. Die traditionellen Studien- und Arbeitsbedingungen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen stünden dem oftmals noch entgegen.

Der abschließende Gesprächstermin fand dann im besonders innovativen Fachbereich Informatik statt. In einem Informationsgespräch mit dem Dekan des Fachbereichs, Prof. Dr. Klaus Zeppenfeld, und Prof. Dr. Britta Böckmann aus dem Fachbereich "Medizinische Informatik" wurde neben der Situation des Fachbereichs auch der Studienplatzaufbau im Rahmen des Hochschulpaktes sowie die verbesserungswürdigen Betreuungsverhältnisse besprochen. Gerade in der Informatik, so Zeppenfeld und Böckmann, werde der Studienplatzaufbau an der FH vorangetrieben. Mittlerweile ist der Fachbereich Informatik an der Dortmunder FH landesweit der größte seiner Art und trägt damit entscheidend zur Profilbildung bei. Trotzdem treten nach wie vor große Schwierigkeiten bei der Besetzung wissenschaftlicher Stellen auf. Grund hierfür sei die unzureichende W-Besoldung der Professoren, die nicht mit der der freien Wirtschaft konkurrieren könne. Zum Abschluss des Gesprächs stellten Zeppenfeld und Böckmann ihr Konzept des Studienganges "Green IT" vor, dass bei Kai Gehring auf großes Interesse stieß. In der Bundestagsfraktion werde derzeit das Thema "nachhaltige Informationsgesellschaft" verstärkt aufgegriffen, weil bei IT und I&K-Technologien der gesamte Lebenszyklus von Design, Herstellung, Verwendung, über Energieverbrauch bis hin zum Recycling dringend stärker unter die Lupe genommen werden muss: Ressourcenverschwendung, schnelle Überalterung der Geräte, aber auch unfaire Arbeitsbedingungen in der Produktion gilt es zu vermeiden, so Gehring. "Green IT" ist damit ein Zukunftsmarkt und ein besonders innovativer Pionierstudiengang.

Diese und andere Eindrücke zeigten, dass die FH Dortmund ein bedeutender Standort in der dichten Wissenschaftslandschaft des Ruhrgebiets darstellt, einige Zukunftspotenziale in ihr stecken und noch weitere Impulse zu erwarten sind.

Jan Miebach