Lebenslage "Illegal"

Bericht von unserer Veranstaltung, 30. Oktober 2008

Bricht man die neuesten Schätzungen von ein bis zwei Millionen Zuwanderern, die in der Bundesrepublik in der "Illegalität" leben, auf Dortmund herunter, so kommt man auf eine Zahl von ca. 3700 bis 7000 Menschen. Der Vorwurf, dass unsere Gesellschaft nur allzu gerne die Augen angesichts eklatanter Missstände verschließt, zieht hier nicht recht. Denn es liegt in der Logik der Thematik, dass Menschen, die aufgrund der restriktiven Migrationspolitik der Bundesrepublik - im Einklang mit ihren europäischen Partnern - gezwungen sind, in der "Illegalität" zu leben, sich eben nicht als solche zeigen. Folglich wissen nur wenige, wie die Alltagswirklichkeit in der "Illegalität" aussieht.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten deshalb für den 30. Oktober 2008 in die Auslandsgesellschaft NRW zur Podiumsdiskussion mit dem Thema "Lebenslage Illegal - was die Flüchtlingspolitik der EU mit Dortmund zu tun hat" geladen, um so das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Veranstaltung wurde moderiert vom Geschäftsführer der GRÜNEN Ratsfraktion Stefan Neuhaus.

Podium

Angelika Beer (MdE) berichtete über die fragwürdigen Einsatzpraktiken der 2004 gegründeten "Grenzschutzagentur" FRONTEX an den Grenzen der "Festung Europa".

Maren Wilmes (Dipl.-Sozialpädagogin) präsentierte daraufhin eine Kölner Studie zur Lebenssituation von Menschen ohne Papiere, worin Themengebiete wie "Wohnen in der Illegalität" oder "Bildung in der Illegalität" beleuchtet werden. Leider liegt eine solche Studie für Dortmund nicht vor.

Mareike Tolsdorf (Pflegewissenschaftlerin) vertiefte schließlich diese Betrachtungen durch Ausführungen zur Lebenssituation von Menschen, die gesundheitlicher Hilfe und Begleitung bedürfen, die aber aufgrund ihres Status von unserem Gesundheitswesen ausgeschlossen sind. Verschleppung von Krankheiten, abenteuerliche Versuche zur Selbstbehandlung bis hin zu Schwangerschaften, die unerkannt bleiben müssen und folglich Kinder, die ohne ärztliche Begleitung ausgetragen werden, lassen erahnen, wie wenig sich die Alltagswirklichkeit von Menschen ohne Papiere mit dem ersten Artikel unseres Grundgesetzes vereinbaren lässt.

AuditoriumEs waren gerade diese konkreten Ausführungen, die die Betroffenheit der Anwesenden weckten. In der anschließenden Diskussion wurde aber auch der Wille deutlich, es nicht bei der Betroffenheit bewenden zu lassen, sondern sich der Herausforderung dieser Problematik zu stellen; auch wenn die Handlungsspielräume eng sind.

Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verlangt die grundsätzliche Einhaltung und Anwendung bestehender Gesetze. Ein Dilemma also? Nein! Nicht umsonst wird die Rechtsstaatlichkeit in unserem Grundgesetz erst ab Artikel 2 formuliert. Ein formalistisches Abwägen gilt nicht, wenn es um die Menschenwürde geht, denn im Zweifelsfall ist dann immer die Gesetzeslage unakzeptabel. Bis diese sich aber ändert, können wir nicht warten.

Wir GRÜNEN in Dortmund sehen in der Veranstaltung vom 30. Oktober den Auftakt, uns dieser Herausforderung auch hier vor Ort zu stellen, und zwar gemeinsam mit allen Organisationen und Interessenten, die sich durch das Thema in ihrer sozialen Verantwortung angesprochen fühlen.

Dazu laden wir ein zu einem Runden Tisch im Kreisverbandsbüro am 20. Januar 2009.