Sammelanhörungen in der ZAB Dortmund - GRÜNE in Dortmund bekräftigen Forderung nach Abschiebestopp in Folterstaaten und Einstellen fragwürdiger Verfahren zur Identitätsfeststellung

Pressemitteilung, 15. Februar 2008

Die Bundespolizei führte in dieser Woche in den Räumen und mit logistischer Unterstützung der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) Dortmund Sammelanhörungen durch. Vertreter(innen) von Kreisverband und Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dortmund informierten sich gestern vor Ort.

Etwa 180 ausreisepflichtige Flüchtlinge ohne Papiere, von denen die Ausländerbehörden vermuten dass sie aus Nigeria stammen, wurden den für Konsularfragen zuständigen Angehörigen der Botschaft Nigerias vorgeführt. Durch Anschauung und eine kurze Befragung sollte geklärt werden, ob diese Personen aus Nigeria stammen. In der Regel führen positive Identifizierungen zur Ausstellung von Passersatzpapieren und baldiger Abschiebung.

Diese Verfahren wurden von den GRÜNEN bereits mehrfach in Frage gestellt. Weder aufgrund äußerer Merkmale noch aufgrund von Sprach- und Sachkenntnisproben lässt sich mit nach deutschen Rechtsstandards üblicher Sicherheit die Zugehörigkeit zu einer Nationalität bestimmen. Nicht ohne Grund beurteilen einzelne Botschaften die Staatzugehörigkeit nur nach Vorlage von objektiven Beweisen.

Hilke Schwingeler (Sprecherin des Kreisverbandes): "Es ist davon auszugehen, dass diese Menschen in unserem Land Schutz suchen vor Elend, Verfolgung und politischer Gewalt. Kaum jemand dieser Flüchtlinge hatte in den vergangenen Jahren auch nur eine Chance auf Gewährung von Asyl. Es ist erschreckend, welcher Mittel und welcher Kraftanstrengungen unser Rechtsstaat sich bedient, um sich dieser Menschen auf schnellstem Wege wieder zu entledigen."

Darüber hinaus stellen wir fest, dass sogar bei Durchführung dieser Verfahren in den Räumen und in der Verantwortung deutscher Behörden eine Beobachtung durch nicht an dem Verfahren beteiligte Personen in der Regel nicht erwünscht und sogar anwaltschaftliche Begleitung nicht garantiert ist. Einem Dortmunder Anwalt wurde es in dieser Woche erst nach längeren Verhandlungen "erlaubt", seinen Mandanten zur Anhörung zu begleiten.

Helga Hilbert (Ratsmitglied der GRÜNEN) dazu: "Es sollte in einem Rechtsstaat selbstverständlich sein, dass Verfahren zur Identitätsfeststellung transparent und überprüfbar sind, dass Befragungen, die z.T. in lokalen Landessprachen durchgeführt werden, durch unabhängige Dolmetscher übersetzt und in deutscher Sprache protokolliert werden, dass diese Protokolle für Betroffene und Anwälte einsehbar sind, und dass es für Betroffene die Möglichkeit gibt, sich auf dem Rechtswege gegen eine mutmaßliche Fehlentscheidung zu wehren."

Die Menschenrechtslage in Nigeria ist nach Angaben von Amnesty International alles andere als befriedigend. Im Vorfeld der für 2007 angesetzten Wahlen war eine Zunahme politisch motivierter Gewalt zu verzeichnen. Immer wieder brachen gewalttätige Konflikte unter Bevölkerungsgruppen und mit Sicherheitsbehörden aus. Misshandlungen, Vergewaltigungen, Folter, jahrelange Haft ohne ordentliches Gerichtsverfahren sind verbreitet. Insbesondere im Zusammenhang mit den Konflikten im Nigerdelta sind von den dortigen Behörden geduldete Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte belegt. In einigen Bezirken Nigerias wird die Scharia angewandt. In Europa sorgte u.a. die Praktizierung von Steinigungen und Amputationen für Entsetzen.

Hilke Schwingeler: "BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Dortmund fordern einen Abschiebestopp in Länder wie Nigeria und ein Ende der derzeit praktizierten höchst zweifelhaften Verfahren zur Identitätsfeststellung."

gez. Martina Müller (Kreisgeschäftsführerin)