Globalisierung ist kein Schicksal. Eine andere Welt ist möglich. Für einen Green New Deal

Sven Giegold und José Bové auf Wahlkampftour in Dortmund

Bericht über unsere Veranstaltung vom 1. Juni 2009

Podium

Im Rahmen des GRÜNEN Europawahlkampfes waren am 1. Juni Sven Giegold und José Bové zu Gast in Dortmund. Unter dem Titel "Globalisierung ist kein Schicksal. Eine andere Welt ist möglich. Für einen Green New Deal" diskutierten sie am Pfingstmontag vor ca. 60 Interessierten in der Auslandsgesellschaft.

Sie kandidieren beide in herausgehobener Position auf GRÜNEN Listen für die Wahlen zum Europaparlament. Die Fazite ihrer Ideen sind neue Gesellschaftsverträge bzw. ein nachhaltiger, konsequenter, mutiger Umbau der kapitalistischen Wirtschaftsordnung mit dem Menschen und der Umwelt im Blickpunkt.

Bové gründete zunächst die alternative Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne. 1998 war er einer der Gründer von Attac, deren deutsches Netzwerk zwei Jahre später auch von Sven Giegold mitbegründet wurde.

"Attac hat die neoliberale Globalisierung nicht gestoppt", so José Bové in seinem Eingangsstatement. "Das Denken im Neoliberalen ist an sich selbst gescheitert. Niemand bezweifelt mehr, dass die Märkte einen Ordnungsrahmen brauchen. Die Öffnung der Märkte hat Armut und Hunger eher begünstigt als verhindert."

Sven GiegoldSven Giegold sprach von drei aktuellen großen Krisen weltweit: Finanzkrise, Klimakrise und globale Armut. Er warnte davor, die Klima- und Armutskrise wegzuschieben und nach der Wirtschaftskrise lösen zu wollen. "Wer jetzt wegen der Finanzkrise die Verschiebung des Klimaschutzes oder der Bekämpfung der Armut fordert, dem werden wir entschieden entgegentreten. Dies gilt umso mehr, weil die Krisen in starken Wechselbeziehungen zueinander stehen", so Giegold. Dabei müssten die reichen Staaten in Vorleistung treten.

Eine Abwrackprämie zementiere nur das bestehende System, betonte Giegold. Er forderte stattdessen ein Investitionsprogramm, das sich auf Klima, Bildung und soziale Gerechtigkeit konzentriert, das Gesundheit und Pflege, ökologische Dienstleistungen und Produkte, Kultur und Wissenschaft fördert. Zudem sollten über ein Energiesparfonds entsprechende Investitionen für einkommensschwache Haushalte finanziert werden.

Dieser Green New Deal schaffe Arbeitsplätze, waren sich Bové und Giegold in der Diskussion einig. Dabei sei natürlich die Finanzierung die zentrale Frage. Wenn der Staat sich mit 300 Millionen Euro verschulde, müssten an anderer Stelle die Ausgaben gekürzt oder die Einnahmen erhöht werden. Kapitaleinkommen müssten zukünftig genauso zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden wie Lohneinkommen, die Steueroasen müssten geschlossen werden und die Erbschaftssteuer müsste reformiert werden.

José BovéJosé Bové wies in der Diskussion auf die Bedeutung des Wassers als Gut hin, das für alle kostenfrei zur Verfügung stehen müsste. "Der Weltfrieden wird zukünftig vom Wasser abhängen", machte Bové deutlich. Auch die Tatsache, dass alle drei Minuten ein Landwirt seinen Betrieb aufgeben müsse und stattdessen die industrielle Landwirtschaft mit der Erzeugung von qualitativ minderwertigen Nahrungsmitteln immer mehr zunehme, zeige die Notwendigkeit zum Umsteuern.

Beide appellierten zum Schluss an die ZuhörerInnen, die GRÜNE Europafraktion zu stärken, denn die Nationalstaaten seien nicht in der Lage, den Klimawandel zu stoppen. Für die Bewältigung der Krisen brauche es Europa.

Podium

Europawahl und Green New Deal

Von Sven Giegold

Die Globalisierung der Ökonomie hat die Welt in eine Serie von Krisen gestürzt, die kein Land mehr alleine lösen kann: Finanzkrise, die Spaltung zwischen Arm und Reich und vor allem der Klimakollaps können wir nur international aufhalten. Europa hat hier die Schlüssel in der Hand. Es ist groß genug, um sozial-ökologische Regeln zu setzen und auch global zu verbreiten. Ich will gemeinsam mit sozialen Bewegungen, NGOs, Gewerkschaften und progressiven Unternehmensverbänden dafür streiten, dass Europa die Globalisierung endlich mit starken sozial-ökologischen Regeln gestaltet statt einen Binnenmarkt ohne soziale Integration voranzutreiben. Damit setze ich meine langjährige Arbeit als Wirtschaftswissenschaftler bei Attac Deutschland und im Europäischen Attac-Netzwerk mit neuen Mitteln fort.

Die Europäischen GRÜNEN Parteien streiten deshalb für einen "GRÜNEN New Deal", der aus drei Elementen besteht:

  • sozial-ökologisches Investitionsprogramm für 5 Millionen grüne Jobs in 5 Jahren in Europa, davon 1 Million in Deutschland in den Sektoren Erneuerbare Energien, Bahnverkehr, Öffentlicher Personen-Nahverkehr, effiziente Autos, Wärmedämmung, Schulen, Unis, Kindergärten, soziale Dienstleistungen.
  • Regulierung der Finanzmärkte: Konsequente Regulierung der Banken und Fonds, Besteuerung der Finanztransaktionen (Europäische Finanzumsatzsteuer / Tobin-Steuer), internationale wirtschaftspolitische Kooperation, um die hohen Ungleichgewichte in der Weltökonomie zu vermeiden, Förderung der Solidarischen Ökonomie im Finanzsektor wie Sparkassen, Volksbanken, Regionalgeld.
  • Ausgleich zwischen Arm und Reich global durch faire Regeln im Welthandel, gleichberechtigte Beteiligung der Entwicklungsländer an der Macht in den internationalen Institutionen, Hilfen für die armen Länder bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels und bei der Transformation ihrer Ökonomie zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien.

Wenn ich ins Europaparlament gewählt werde, will ich mich auf die Schließung der Steueroasen und ein Ende der Gewinnverlagerung in Niedrigsteuergebiete durch Konzerne konzentrieren. Dazu arbeite ich seit Jahren auch wissenschaftlich, habe das Buch "Steueroasen trockenlegen" veröffentlicht und das internationale Netzwerk der SteueroasenkritikerInnen "Tax Justice Network" mitgegründet. Es ist unerträglich, dass angesichts des Grabens zwischen Arm und Reich 11,5 Billionen US-Dollar an Privatvermögen, davon 600 Milliarden Euro aus Deutschland, weitgehend unbesteuert in den Steueroasen liegen. Dieses Geld brauchen wir dringend für den konsequenten sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft!

Bislang gibt es im Europaparlament eine Mehrheit für Steuerwettbewerb in Europa. Es macht einen Unterschied, wer in Europa die Mehrheit hat. Immer mehr Regeln der Ökonomie werden in Europa gesetzt. Geht deshalb am 7. Juni wählen und sorgt für eine progressive Mehrheit im Europaparlament und für starke GRÜNE!