GRÜNE fordern Anerkennung des Antifa-Camps in Dorstfeld als politische Versammlung

Offener Brief an den Polizeipräsidenten der Stadt Dortmund vom 7. August 2012

Offener Brief

Sehr geehrter Herr Wesseler,

seit Ihrem Amtsantritt haben Sie immer wieder deutlich gemacht, dass für Sie die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Dortmund ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit ist. Nach Ihrem eigenen, öffentlich formulierten Anspruch soll die Polizei dabei für viele ein Partner im Kampf gegen die Dortmunder Neonazi-Szene sein. Die neu eingerichtete Sondereinheit ist das bisher sichtbarste Zeichen und Signal dieser Schwerpunktsetzung gewesen.

Die Polizei wird seitdem für viele Bürgerinnen und Bürger sehr viel eindeutiger im Einsatz gegen die Dortmunder Neonazis wahrgenommen. Auch wir GRÜNE haben diese Eindeutigkeit begrüßt.

Umso unverständlicher ist für uns nun, dass die Polizei den Organisatorinnen und Organisatoren des geplanten Antifa-Camps in Dorstfeld vom 24. August bis zum 2. September den Charakter einer politischen Versammlung abspricht und damit die Durchführung des Camps erheblich erschwert, eventuell sogar verhindert.

Das Programm des Camps zeigt aus unserer Sicht, dass es sich eindeutig um eine politische Versammlung über mehrere Tage hinweg handelt. So sollen unter anderen mindestens 20 Workshops zu unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Themen wie Rassismus, Antimilitarismus und Antisemitismus stattfinden. Das Camp an sich steht als politisches Signal gegen das von den Neonazis insbesondere in Dorstfeld geschaffene Klima der Einschüchterung.

Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgestellt, dass durch das Versammlungsrecht ganz unterschiedliche Formen gemeinsamer Meinungskundgabe geschützt sind. Das kann auch ein Camp mit dem oben beschriebenen politischen Charakter sein.

Durch die Nichtanerkennung des Camps als politische Versammlung und der daraus folgenden Definition des Camps als Veranstaltung entsteht der Eindruck eines "Schwarzer-Peter-Spiels", in dem die Polizei ihre Verantwortung an die Ordnungsbehörden abschiebt. Als Folge wird die Durchführung des Camps durch Genehmigungsverfahren und -fristen erheblich verkompliziert bzw. sogar unmöglich gemacht.

Es ist zu befürchten, dass diese Entscheidung der Polizei als eine bewusst politische Entscheidung wahrgenommen wird, damit das Camp nicht stattfinden kann. Darüber werden sich am meisten die Neonazis freuen. Und das kann nicht in unser aller Sinne sein.

Sehr geehrter Herr Wesseler, vor diesem Hintergrund bitten wir Sie deshalb darum, in den weiteren Gesprächen mit den Verantwortlichen des Camps Ihre bisherige Meinung zu überprüfen und das Antifa-Camp als politische Versammlung anzuerkennen.

Mit freundlichen Grüßen

Remo Licandro (Sprecher des Kreisverbandes)
Hilke Schwingeler (Sprecherin des Kreisverbandes)

Wir werden unser Schreiben als Offenen Brief auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.