Bilanz zur Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht"

Von Matthias Dudde

aus: Basisdienst - Informationen aus dem Kreisverband Dortmund 7/2003, 10. November 2003

Die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 - 1944" ist vor einigen Tagen in Dortmund zu Ende gegangen. Die rechte Agitation gegen die Inhalte der Ausstellung ist gescheitert. Das deutliche Demonstrationszeichen "Dem Hass entgegen treten" am 20.09.03 und die beeindruckende Zahl von 40.000 Besuchern in sechs Wochen ist für Dortmund eine zivilgesellschaftliche Abstimmung mit den Füßen gegen das braune Gedankengut.

Mit dem Ende der Ausstellung in Dortmund geht auch die Arbeit des Initiativkreises Wehrmachtsausstellung (IKW) (bestehend aus SPD, DGB, VKK, katholischem Stadtgremium, GRÜNE, Förderverein Westfalen-Kolleg, IBB, Dortmunder Jugendring und Koordinationskreis Wissenschaft an der Uni DO) zu Ende. Nachdem nur SPD und GRÜNE im Rat für die Ausstellung in Dortmund stimmten, musste der IKW eine zweite zentrale Voraussetzung für die Vergabe der Ausstellung an eine Stadt durch das Hamburger Institut für Sozialforschung zu erfüllen: das Begleitprogramm organisieren. Entsprechend wurde der IKW auch Bestandteil des Vertrages zwischen der Stadt und dem Hamburger Institut, d.h. ohne den IKW wäre die Ausstellung nicht nach Dortmund gekommen.

Seit Anfang 2002 traf sich der IKW regelmäßig. Der KV wurde zunächst durch Markus Kurth und seit August 2002 von Matthias Dudde vertreten. Manfred Krüger-Sandkamp stand als (Ersatz-)Vertreter während der gesamten Zeit zur Verfügung. In diesen fast zwei Jahren traf sich der IKW über 50mal: Neben den Treffen für die eigentliche Arbeit des IKWs umfasste dies vor allem auch die Vorbereitung und Durchführung der beiden Demonstrationen gegen Rechts. So entwickelte sich die Arbeit im IKW während der sechs Wochen der Ausstellung zu einem wahren Terminmarathon.

BegleitveranstaltungDie Arbeit innerhalb des IKW gestaltete sich gut. Die ausführlichen Verhandlungen, um das finanzielle Risiko für alle Organisationen vertraglich zu regeln, waren offen und fair. Dies führte zu einem notwendigen Vertrauensverhältnis, um die gemeinsamen Aufgaben bei den Veranstaltungen und den Demonstrationen effektiv zu erledigen. Für das Begleitprogramm lud der IKW interessierte Gruppen und Organisationen zum so genannten Forum ein, aus dem schließlich über 150 Veranstaltungen hervorgingen, die schätzungsweise von annähernd 10.000 Menschen besucht wurden.

Der IKW selbst führte fünf gut besuchte Veranstaltungen durch. Hier bereiteten wir GRÜNE den fachwissenschaftlichen Vortrag über "die Arisierung des Vermögens der europäischen Juden" von Götz Aly vor, der dann in den Räumen der katholischen Kirche stattfand. Von den weiteren gemeinsamen Arbeiten (Presse etc.) haben wir GRÜNE das Finanzcontrolling übernommen, eine Aufgabe die erst in diesen Tagen durch das Zusammenstellen der Finanzabrechnung ihren Abschluss findet. Von den 2000 Euro, die die MV für die gemeinsamen Kosten bewilligte, werden aller Voraussicht nach nicht einmal die Hälfte benötigt werden.

Parallel zur Ausstellung fanden einige GRÜNE Aktivitäten statt. Hier sind neben den drei Führungsterminen (organisiert durch OV Innenstadt-West, KV und GRÜNE Jugend Dortmund) auch Helga Hilbert und Manfred Krüger-Sandkamp zu nennen, die als Guides in der Ausstellung viel von den Geschehnissen innerhalb der Ausstellung berichten können. Zudem war unsere eigene Veranstaltung mit Brigitte Schumann zur Zentralstelle zur Verfolgung nationalsozialistischer Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund mit rund 60 Menschen sehr gut besucht. Die Verschleppungstaktik dieser Strafverfolgungsbehörde werden wir in den kommenden Monaten weiter verfolgen.

Ein besonders Augenmerk legten wir auf den Polizeieinsatz zur ersten Demonstration am 20.09.03. Schon im Vorfeld hatten wir zusammen mit der Notgemeinschaft Polizeikessel-Betroffener den Kontakt zu unseren MdLs Monika Düker und Brigitte Herrmann gesucht. Sie informierten uns über die landespolitischen Vorgaben, aus denen wir Kriterien für die Beurteilung des anstehenden Polizeieinsatzes präzisierten. Darüber hinaus führte dieser Kontakt zu einer Kleinen Anfrage* im Landtag, um die Polizeikessel in 2000 weiter aufzuarbeiten.

Sicherlich ist es auch der jahrelangen kontinuierlichen Arbeit von Heinz Schröder in der Notgemeinschaft Polizeikessel-Betroffener zu verdanken, dass sich die Polizei in diesem Herbst eher kooperativ zeigte und zweimal Demonstrationen gegen die braune Soße in Sicht- und Rufweite ermöglichte. Damit wurde eine unserer GRÜNEN Forderungen nach den Demos 2000/01 (vgl. LDK Beschluss Bielefeld 2001**) erfüllt und einer neuen Demonstrationskultur in Dortmund der Weg bereitet. Zu danken ist hier auch Thomas Rommelspacher (MdL) und Peter Weber (Polizeibeirat), die beide Demonstrationen beobachteten, sowie Martin Preuß, der bei der zweiten Demo am 25. Oktober kurzfristig in die Demoleitung ging.

Matthias DuddeDass die Wehrmacht aktiv an den Verbrechen im Krieg gegen die Sowjetunion beteiligt war, gilt inzwischen als allgemein anerkannt. Das ist der unbestrittene Erfolg der Ausstellung. Die rechten Agitationsbemühungen gegen die Ausstellung sind gescheitert, auch wenn die braunen Demos und eine braune Veranstaltung innerhalb des Museums nicht verhindert werden konnten. Die stabilisierende Wirkung auf die rechtsextremistischen Strukturen, für die Dortmund sechs Wochen lang "Frontstadt" war, ist jedoch noch nicht abzusehen. Somit dürfen die beeindruckenden Zahlen rund um die Ausstellung nicht den Blick auf die rechtsextremistischen Gefahren in Dortmund verstellen. Allerdings haben die vielfältigen Gespräche und Aktionen (auch von SchülerInnen gegen die ewiggestrigen Flugblattverteiler vor dem Museum) innerhalb der Stadt die offene Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit gefördert und die Zivilgesellschaft mit neuem Leben gefüllt.