Fallen die Kinder von ALG II-Beziehern in die Sozialhilfe?

Von Markus Kurth

aus: "GRÜN & gerecht" - Sozialpolitische Zeitung GRÜNER Kreisverbände, Mai 2003, S. 3

Die Gefahr besteht durchaus. Es gibt Vorschläge, nach denen die Partnereinkommen von ALG II Beziehern wie bei der jetzigen Sozialhilfe angerechnet werden. Dies würde dazu führen, dass bei den betroffenen Familien das zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen so gering ist, dass für die Kinder ergänzende Sozialhilfe beantragt werden muss. Unsere Forderung, dass Kinder kein Armutsrisiko sein dürfen, muss natürlich auch beim ALG II gelten. Aus diesem Grund muss das neue Leistungssystem vor allem für Familien mit Kindern armutsfest sein. Die genauen Modalitäten der Unterhaltsleistungen für ALG II Bezieher sind ein wichtiger Punkt. Ich sehe hier eine neue Gelegenheit, unserer Idee einer Kindergrundsicherung durchzusetzen.

Auch aus einem anderen Grund müssen wir bei der Anrechnung der Partnereinkommen genau auf die Details achten. Hinter scheinbaren Kleinigkeiten wie den Anrechnungsbedingungen der Partnereinkommen können sich große Verschiebungen verstecken. Orientiert man sich beispielsweise an den Vorgaben des Sozialhilferechtes, werden gerade Langzeitarbeitslose PartnerInnen, die mit einem Zuverdienest zum Haushaltseinkommen beigetragen haben ihren eigenen Leistungsanspruch verlieren. Dies betrifft überwiegend Frauen. Verdient bei einem Kinderlosen Paar der Partner mehr als ca. 1100 Euro netto im Monat, liegt das Haushaltseinkommen über den jetzt geltenden Sozialhilfesätzen. Eine vormals hinzuverdienende Ehefrau verlöre bei diesem Beispiel ihren Leistungsanspruch und in der Regel auch den Zugang zu Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Wir müssen darauf achten, dass die neuen Vorschläge nicht zur Ausgrenzung von Frauen aus dem Arbeitsmarkt führen. Einsparen von Kosten und die Verbesserung von Statistiken, darf nicht auf dem Rücken von Frauen ausgetragen werden.

Die Bundestagsfraktion und die Sozialpolitische Kommission der Partei haben sich hier eindeutig festgelegt: Bei der Anrechnung des Partnereinkommens muss die Dauer der eigenen Erwerbstätigkeit bei der jeweiligen Höhe des Freibetrags für das anzurechnende Partnereinkommen berücksichtigt werden. Damit wird verhindert, dass Frauen, die nach Jahrzehnte sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in die Arbeitslosigkeit fallen, alle Wege zurück in die Berufstätigkeit verbaut sind.