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Kommunalwahlprogramm 2009

Bezirksverband Ruhr - Positionspapier: Umbau 2010

Wirtschaftsstandort Ruhr: Ökonomische Stärke in Arbeitsplätze umwandeln.
Soziale Spaltung verhindern.

In den letzten Jahrzehnten hat das Ruhrgebiet einen tief greifenden wirtschaftlichen Wandel durchlaufen. Klassische Industriearbeitsplätze in der Montan- oder Stahlindustrie gingen verloren. Mit dem bevorstehenden Ende des subventionierten Steinkohlebergbaus wird die Lösung aus der Schwerindustrie weitgehend beendet sein. Heute ist das Ruhrgebiet eine starke Wirtschaftsregion mit Schattenseiten. Einerseits gibt es nirgendwo so viele DAX-Konzernzentralen auf einem Raum wie hier. Andererseits erreicht die Region mit einer Durchschnittsarbeitslosigkeit von fast 12 Prozent einen Negativrekord in NRW. Auch wenn hier lokal erhebliche Unterschiede bestehen, so verharrt die Arbeitslosigkeit überall auf hohem Niveau.

Das Ruhrgebiet braucht daher Investitionen und Innovationen mittelständischer Betriebe, denn diese bilden das Rückgrat für neue Arbeitsplätze. Heute sind Dienstleistungen und Wissen die Basis der Wirtschaftsmetropole Ruhr. Allerdings bleibt das Revier auch weiterhin eine potente Industrieregion. Ein Grund für das scheinbare Schrumpfen industrieller Produktionen liegt auch darin, dass viele begleitende Tätigkeiten heute als ausgegliederte Dienstleistungen verrichtet und erfasst werden. Aber das Ruhrgebiet braucht beides: Neue Dienstleistungen und umweltverträgliche Industrie, denn nur in dieser Kombination schaffen wir neue Arbeitsplätze!

Aktive Wirtschaftsförderung ist für uns eine Kernaufgabe intelligenter Regionalpolitik. Dafür ist es unerlässlich, zukunftsträchtige Cluster, insbesondere mit natürlichen Wurzeln im Revier, zu fördern, solange ihre regelmäßige Evaluierung dies rechtfertigt. Clusterpolitik ist aber in erster Linie zukunftsgerichtet. Der Erhalt nicht überlebensfähiger Branchen ist eine nicht zu rechtfertigende Subvention auf Kosten des Steuerzahlers und wird von uns strikt abgelehnt.

Mit der regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft "metropoleruhr GmbH" besitzt die Region ein hierfür geeignetes Instrument. Sie muss dort unterstützen, wo städtische Gesellschaften allein nicht weiterkommen. Sie muss Konzepte für die Gesamtregion entwickeln, denn nur so kann sie den nationalen und internationalen Auftritt der Metropole Ruhr organisieren.

Regenerative Energien, Logistik, Informatik und Gesundheitswirtschaft stehen angesichts der klimatischen und soziodemografischen Entwicklung und insbesondere auch angesichts der Verankerung in der Region ganz vorn auf der Agenda. Aber auch Kulturwirtschaft und Tourismus bilden, gerade vor dem Hintergrund der einzigartigen Geschichte des Ruhrgebiets und der einmaligen Melange der Bevölkerung, ein Potenzial, das mit verhältnismäßig wenig Geld erschlossen werden kann und erschlossen werden muss.

Das Ruhrgebiet insgesamt hat in den letzten Jahrzehnten von milliardenschweren Subventionen aus den europäischen Förderprogrammen profitiert. Hierbei war es hilfreich, dass die ehemalige Kohle- und Stahlregion als einziger Landesteil die Fördermittel beanspruchen konnte. Dieser Geldsegen war für das Ruhrgebiet Fluch und Segen zugleich. Fehlende regionale Zusammenarbeit führte dazu, dass nach dem Gießkannenprinzip nahezu in jeder Stadt des Ruhrgebiets die gleichen Projekte gefördert wurden. Musterbeispiele hierfür sind die Technologiezentren, die in jeder Stadt durch die Fördermittel aus dem Boden geschossen sind, ohne jedoch auf eine inhaltliche Profilierung und Schwerpunktsetzung zu achten.

Mit der neuen Förderperiode für die Jahre 2007 bis 2013 hat sich dies insofern geändert, als dass auch Regionen außerhalb des Ruhrgebiets europäische Fördermittel beantragen können. Die Konzentration auf die lokalen Stärken muss somit für die Städte in der Metropole Ruhr bei den Projekten zur Stadtentwicklung absolute Priorität erlangen. Die notwendige Schlagkraft und Durchsetzungsfähigkeit zur Überwindung der Krise auf dem Arbeitsmarkt ist für die Metropole Ruhr somit mehr denn je von einer gut koordinierten und intensiven regionalen Zusammenarbeit abhängig.

Bei der Entwicklung von Flächen zur Ansiedlung neuer Unternehmen steht für uns weiterhin die Revitalisierung von Industriebrachen, insbesondere aus der Montanvergangenheit des Ruhrgebiets, im Vordergrund. In zahlreichen Städten wurden und werden hier zukunftsträchtige Arbeitsplätze geschaffen. Die Ausweisung neuer großflächiger Industriegebiete in den ohnehin spärlichen Freiräumen unserer dicht besiedelten Region betrachten wir hingegen kritisch. Projekte wie "newPark" im Norden der Metropole Ruhr, die große Mengen an Fördermitteln binden, welche andernorts zur Wiederherstellung ehemaliger Industriebrachen fehlen, lehnen wir aus ökologischen und wirtschaftlichen Überlegungen ab.

Vom Strukturwandel und der Krise auf dem Arbeitsmarkt sind Frauen, MigrantInnen sowie Menschen mit geringem oder gar ohne Bildungsabschluss besonders betroffen. Unter diesen Bedingungen sind die Kürzungen der Landeszuschüsse für die Regionalstellen Frau und Beruf oder die Arbeitslosenberatungsstellen kontraproduktiv und verschärfen die Situation in unzumutbarer Weise.

Die Existenz eines zweiten, öffentlich geförderten Arbeitsmarkts ist auch in den kommenden Jahren als Flankierung der strukturellen Anpassung unabdingbar. Dieses Erfordernis wollen wir mit den zahlreichen Aufgaben, die der Umbau weiter Teile der Metropole Ruhr in den kommenden Jahren bereithalten wird, verknüpfen.

Wissensregion Ruhr: Mehr Bildung ist der Schlüssel. Chancen von MigrantInnen verbessern.

Durch beispielhafte Investitionen ist im Ruhrgebiet in den 1960er- und 1970er-Jahren eine neue Hochschullandschaft entstanden, die Bildung und beruflichen Erfolg - verbunden mit sozialem Aufstieg für viele - gebracht hat. Zurzeit sind knapp 145.000 Studentinnen und Studenten an den Hochschulen der Metropole Ruhr eingeschrieben. Trotz abschreckender Studiengebühren steigen aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge an fast allen Hochschulen die Erstsemesterzahlen. Es ist daher an der Zeit, dieser jetzt jungen Generation statt überfüllter und maroder Hörsäle und Studiengebühren ein hervorragendes System von Universitäten zur Verfügung zu stellen. Dadurch kann das Ruhrgebiet eine mit anderen Regionen vergleichbare Startposition bekommen und dem absehbaren Mangel an exzellenten Fachkräften entgegenwirken. Wir fordern die Landesregierung auf, nicht in Leuchtturmprojekte zu investieren, sondern einen personell und technisch gut ausgestatteten Verbund aus allen Unis und Fachhochschulen im Revier zu bilden und so in der Breite eine gute Ausbildung zu ermöglichen anstatt Wenige zu bevorzugen.

Auch um unsere Schulen steht es nicht zum Besten. Leider wird noch viel zu oft für eine nur noch imaginierte Zielgruppe unterrichtet. Bedürfnisse vieler Kinder mit nicht deutscher Muttersprache spielen eine untergeordnete Rolle, obwohl in vielen Stadtteilen im Revier die Hälfte und mehr der Kinder und Jugendlichen einen Migrationshintergrund haben. Damit deren Schullaufbahn nicht absehbar ohne berufliche Perspektiven bleibt, muss bereits vor Eintritt in die Schule mit der Aufarbeitung sprachlicher Defizite begonnen werden. Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien werden nicht ausreichend gefördert, weil unser Schulsystem im Kern eine Bildungsinstitution ohne ausreichende Handreichung zur Erziehung ist. Aber auch besonders begabten Kindern fehlt eine auf sie zugeschnittene Förderung.

Wir halten das Ruhrgebiet für besonders gut geeignet, um hier zu erproben, was die Landesregierung scheut, aber alle BildungsexpertInnen und die Wirtschaft fordern: einen Ausbau der U3-Betreuungsplätze sowie eine Schule für alle mit individueller Förderung für jeden. Uns ist bewusst, dass beide Vorhaben mit einem höheren Personalaufwand verbunden sind. Die dafür eingesetzten Mittel werden sich aber in wenigen Jahren auszahlen, wenn Jugendliche mit gutem Schulabschluss und hoher sozialer Kompetenz Erfolg in Gesellschaft und Beruf haben werden.

Junge Menschen mit Migrationshintergrund haben es oft schwerer als gleichaltrige deutsche Jugendliche, einen Ausbildungsplatz zu finden. Weniger als jeder vierte aller 18- bis 21-jährigen MigrantInnen befindet sich in einer Berufsausbildung oder hat eine solche erfolgreich abgeschlossen. Unter gleichaltrigen Deutschen sind es mehr als doppelt so viele. Aber auch hochwertige Bildungsabschlüsse sind für diese Gruppe keine Garantie auf einen Job. Unter den 25- bis 35-Jährigen mit Abitur oder Fachhochschulreife sind beispielsweise Türkischstämmige doppelt so oft arbeitslos wie Deutsche. Neben bewusster oder unbewusster Diskriminierung ist oft das fehlende Netzwerk der Grund für Probleme beim Einstieg in die Berufswelt. Das betrifft nicht nur Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Während etwa deutsche Studentinnen über Netzwerke an begehrte Praktika kommen, ist das für MigrantInnen schwierig. Die Lösung kann nur in besseren Bildungsangeboten speziell für sie liegen, denn Teilhabe ist Voraussetzung und nicht Folge der Integration.

Wohnstandort Metropole Ruhr: Urbane Kulturlandschaften aufbauen. Gesunde Umweltbedingungen schaffen.

Um die Lebensbedingungen der Menschen insbesondere in der Emscherzone entscheidend zu verbessern, werden wir das ehrgeizige Projekt "Emscherumbau" weiter vorantreiben. Die Sanierung und der naturnahe Umbau des Flusssystems werden dabei durch einen viele Kilometer umfassenden Ost-West-Park ergänzt, der zusammen mit den bestehenden regionalen Grünzügen die Lebensbedingungen in der Emscherzone erheblich verbessern wird. Ziel ist, die Flüsse Ruhr, Emscher und Lippe wieder zu zentralen Erholungsräumen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Metropole Ruhr zu machen.

Der begonnene Stadtumbau West muss in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Anhaltender Bevölkerungsrückgang diktiert hierbei das Tempo. Viele Wohngebiete sind in den 1950er- bis 1970er-Jahren entstanden und heute reichlich heruntergekommen. Sie müssen umfassenden Sanierungen unterzogen werden und den veränderten Anforderungen von Familien, Mehrgenerationenwohnen, kinder- und altengerechtem Wohnen angepasst werden. Bei großem Anteil von Leerständen muss hier und dort auch ein Abriss in Betracht gezogen werden. So gewonnener Stadtraum kann für neue Parks und Grüngebiete genutzt werden und helfen, die Wohnqualität in den Kernstädten zu erhöhen.

Der Regionalverband Ruhr erbringt seit vielen Jahren unverzichtbare Leistungen für eine lebenswerte Metropole Ruhr. Die über 15.000 Hektar eigener Wald- und Grünflächen stellen attraktive und abwechslungsreiche Naherholungsgebiete für die BürgerInnen der Metropole Ruhr dar. Zu den Leistungen des Regionalverbandes zählen darüber hinaus auch die Planung und der Bau von Rad- und Wanderwegen. Der neu geschaffene Ruhrtal-Radweg ist bereits nach zweijährigem Bestehen einer der beliebtesten Radwanderwege Deutschlands.

In der Metropole Ruhr gibt es über 20 Spaß-, Freizeit- und Wellnessbäder mit regionaler Bedeutung, von denen allein der Regionalverband Ruhr sieben betreibt. Hinzu kommen zahllose Bäder und Saunaanlagen von lokaler Bedeutung. Wir wollen das flächendeckende Angebot solcher Einrichtungen, die der Gesundheit und Erholung der Menschen in der Metropole Ruhr zuträglich und zugleich wichtige weiche Standortfaktoren sind, erhalten. Allerdings bedarf es eines abgestimmten regionalen und lokalen Angebots, denn es ist nicht hilfreich, wenn sich lokale und regionale öffentliche Betreiber gegenseitig "kannibalisieren".

Um die Lebensqualität in der Metropole Ruhr zu verbessern, haben die GRÜNEN im Regionalverband Ruhr gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner bereits 2005 einen Masterplan "Saubere Luft im Ruhrgebiet" auf den Weg gebracht. Aus diesem entstand das Konzept zur Schaffung einer "Umweltzone Ruhr". Wir sind gemeinsam mit vielen ExpertInnen der Auffassung, dass nur die Realisierung eines solch umfassenden Programms zu messbarer Verbesserung der Luftqualität führen wird. Leider verweigert sich die Landesregierung zurzeit einer solchen Lösung und bevorzugt planerisches Flickwerk ohne Konsequenzen.

Wir unterstützen auch die zahlreichen örtlichen Widerstände gegen die geplanten Bauprojekte mehrerer neuer Kohlekraftwerke in und um das Ruhrgebiet. Dies ist ein klimapolitisch fataler Weg und beeinträchtigt zudem die Lebensqualität an den Standorten erheblich.

Umweltfreundlich mobil in der Metropole Ruhr: Öffentlichen Nahverkehr stärken. Verkehrskollaps beseitigen.

Tagtäglich erleben die Menschen im Ruhrgebiet die Staus auf den Autobahnen und in den Innenstädten. Wer ausweichen will und stattdessen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen will, sieht sich mit verstopften, maroden Zügen, Bussen und Straßenbahnen konfrontiert und muss zudem in aller Regelmäßigkeit Verspätungen und ein ausgedünntes Angebot bei steigenden Fahrpreisen hinnehmen. Besonders schwer erwischt es denjenigen, der umweltbewusst seine täglichen Besorgungen und Arbeitswege mit dem Fahrrad erledigen will. Der ständig wiederkehrende Verkehrskollaps des Ruhrgebietes ist hausgemacht, denn der größte Teil des Verkehrs wird innerhalb der Städte abgewickelt. So werden in Großstädten wie Dortmund, Duisburg, Essen oder Gelsenkirchen vier Fünftel, in kleineren Städten drei Viertel aller Wege innerhalb der jeweiligen Stadtgrenzen zurückgelegt. Lediglich ein Viertel der Fahrten wird für Wege zur Arbeitsstätte unternommen. Fast die Hälfte aller Fahrten werden für Einkaufs- und Freizeitaktivitäten durchgeführt.

Die Diskussionen zu den vom Auto- und Lkw-Verkehr ausgelösten Feinstaub-, Stickstoffoxid- und Lärmbelastungen in den städtischen Wohn- und Lebensquartieren machen deutlich, dass nur mit einer konsequenten Verkehrswende in Richtung Bus, Bahn und Fahrrad die Verkehrsprobleme gelöst werden können. Stattdessen setzt die schwarzgelbe Landesregierung ihren Schwerpunkt auf einen weiteren Ausbau des Landes-, Bundesstraßen- und Autobahnennetzes und stellt gleichzeitig weniger Geld für den öffentlichen Nahverkehr zur Verfügung.

Der Bund hat die sogenannten Regionalisierungsmittel für den Schienennahverkehr seit 2006 drastisch reduziert. Weitere Verschlechterungen mussten durch Mittelstreichungen beim Schülerverkehr, bei der Schwerstbehindertenbeförderung und der Fahrzeugförderung hingenommen werden. Während die Bundesländer Hessen und Bayern die entfallenden ÖPNV-Finanzierungsmittel durch die erhöhte Mehrwertsteuereinnahme teilweise kompensiert haben, war die schwarz-gelbe NRW-Landesregierung hierzu nicht bereit. Stattdessen lauten die diesbezüglichen Antworten von SPD und CDU in der Verbandsversammlung des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR): Ausdünnung des Angebotes bei gleichzeitiger Erhöhung der Fahrpreise! So wurde insbesondere in ländlich orientierten Randlagen des Ruhrgebiets das Angebot im Regionalverkehr entweder ausgedünnt und oder gänzlich gestrichen. Weitere massive Einschränkungen sind in den kommenden Jahren für den Regionalverkehr zu erwarten. Demgegenüber wurde der Fahrpreis eines Einzelfahrscheins in den letzten fünf Jahren um 25 bis 36 Prozent erhöht.

Gleichzeitig wird der Börsengang der Bahn (DB) auf dem Rücken des Regionalverkehrs ausgetragen. Baufällige Bahnhöfe, defekte, überalterte und verschmutzte Züge sowie ein marodes Streckennetz kennzeichnen das im Ruhrgebiet vorgehaltene Angebot der DB. Im Gegenzug fährt sie im vom VRR finanzierten Regionalverkehr höchste Gewinne ein. Eine Änderung der DB-Geschäftspolitik zulasten des Regionalverkehrs ist nicht erkennbar. Daher unterstützen wir die Herangehensweise des VRR, bei Neuausschreibungen von Regionalstrecken in verstärktem Maße auf private Anbieter wie die Prignitzer Eisenbahn, die Nordwestbahn, Abellio oder die RegioBahn zu setzen. Diese fahren nicht nur günstiger, sondern auch pünktlicher und mit neueren Fahrzeugen.

Die Metropole Ruhr braucht eine ÖPNV-Ausbauoffensive. Wer die Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn bewegen will, der muss auch ein attraktives Angebot vorhalten. Dies gilt insbesondere für die ländlich orientierten Kreise und für einen Ausbau der unzureichenden Nord- und Südverbindungen innerhalb des Ruhrgebietes. Dazu gehören die Umsetzung des Rhein-Ruhr-Express (RPX) als Schnellverbindung zwischen Dortmund und Köln und der Erhalt und Ausbau der Volmetalbahn und der Emschertalbahn. Außerdem möchten wir mittelfristig die Wiederaufnahme des Personenverkehrs auf der heute nur vom Güterverkehr genutzten Trasse der historischen Hamm-Osterfelder Bahn erreichen. Bei den maroden Stationen besteht ebenfalls akuter Handlungsbedarf: Wir brauchen eine Ausweitung der Modernisierungsoffensive für Bahnhöfe und einen mobilitätsgerechten Ausbau der Haltepunkte.

Der öffentliche Personennahverkehr ist für viele Menschen nicht mehr bezahlbar. Die Bereitschaft mit Bus und Bahn zu fahren, schwindet mit jeder weiteren Preiserhöhung. Angesichts der hohen Fahrpreise können viele Menschen im Hartz-IV- oder im Sozialgeldbezug am öffentlichen Leben nicht mehr teilnehmen. Im Arbeitslosengeld II ist lediglich ein Monatsbetrag von 14,00 Euro für Verkehrsdienstleistungen vorgesehen. Allein ein 4er-Ticket der Preisstufe B Erwachsene kostet nach der jüngsten Fahrpreiserhöhung demgegenüber 15,00 Euro. Daher wollen wir flächendeckend im gesamten Ruhrgebiet ein Sozialticket schaffen, welches die Mobilität von einkommensschwachen Menschen sichert. Mobilität darf nicht am Geldbeutel einkommensschwacher Haushalte scheitern.

Nach dem Kulturhauptstadtjahr: Schwung der RUHR.2010 erhalten. Junge und freie Szene stärken.

Die Kulturhauptstadt Europas hat das Selbstbewusstsein der Region gestärkt. Sie hat bereits im Vorfeld gezeigt, welche enormen Kreativitätspotenziale in unserer Region schlummern. Sie hat mentale Barrieren zwischen den Kulturverwaltungen, dem kulturinteressierten Publikum und teilweise auch den Kulturschaffenden aufgelöst. Sie hat neue Kooperationen über kommunale Grenzen hinweg ermöglicht. Sie macht Mut für eine lebenswerte Zukunft. Nun gilt es, den Schwung zu bewahren und die Möglichkeiten für weitere Erfolgserlebnisse zu erweitern. Denn freiwillige Kooperationen über kommunale Grenzen hinweg sind in der Kulturpolitik eine Bereicherung, erst recht in der dichten Kulturlandschaft des Ruhrgebietes.

Der Regionalverband Ruhr (TVR) hat in unserem Verständnis die Aufgabe, kommunale Selbstbestimmung in kulturpolitischen Entscheidungen zu schützen, ohne dabei Separatismus zu fördern. Mit der von den Grünen forcierten Erstellung eines Masterplans Kultur spürt der RVR gemeinsam mit den Kommunen die wichtigsten Handlungsfelder für erfolgreiche Kooperationen auf. Auf dieser Basis soll der RVR Plattformen entwickeln und betreiben, um den mit der Kulturhauptstadt begonnenen Weg nachhaltig verankern.

Die kommunale Kulturpolitik mit ihren autarken Entscheidungen bis hin zur Stadtteilebene verstehen wir als echte Stärke. In ihrer Dichte im Ruhrgebiet erzeugt sie eine kulturelle Vielfalt, die es zu schützen gilt. Ein Problem für die kommunale Kulturpolitik ist jedoch, dass gerade finanzschwache Kommunen kaum kulturpolitische Spielräume haben. So dürfen diese Kommunen aufgrund von Haushaltssicherungsvorgaben des Landes nur noch Kulturinstitutionen im Rahmen bestehender Verträge fördern. Für neue Entwicklungen gibt es oft keinerlei finanzielle Spielräume. Damit wird die Kulturlandschaft kaputt gespart: Um das grundsätzlich zu ändern, müssen auch Land und Bund faire finanzielle Rahmenbedingungen für die Ruhrkommunen schaffen. Ein starkes kulturelles Engagement der Wirtschaft darf keine Kompensation für fehlende öffentliche Kulturpolitik sein.

Für die kommende Legislaturperiode werden wir uns daher auch für die Einrichtung eines "Venture Cultural Fonds Ruhr" einsetzen. Dieser soll ausschließlich für Projekte Kulturschaffender im Ruhrgebiet eingerichtet werden, die keine andere institutionelle Förderung erhalten. Damit wollen wir insbesondere jungen und ungewöhnlichen Kulturansätzen mit hohen Risiken und großen Chancen die Möglichkeit bieten, sich um verschieden gestückelte Kulturetats zu bewerben, ohne gegen institutionelle, etablierte Konkurrenz antreten zu müssen. Die Auswahl wird von einer unabhängigen Jury getroffen werden.

Solidarische Metropolregion Ruhrgebiet: Wider das Kirchturmdenken. Krise gemeinsam überwinden.

Die Herausforderungen, die in den kommenden Jahren vor der Metropole Ruhr liegen, übersteigen die Kräfte einzelner Städte und sind mit dem traditionellen Kirchturmdenken nicht zu bewältigen. Hier muss das Ruhrgebiet als Ganzes handeln können. Daher ist eine weitere Stärkung des Regionalverbandes Ruhr als Klammer der 11 kreisfreien sowie 42 kreisangehörigen Städte in vier Landkreisen notwendig. Wir wollen den Regionalverband Ruhr zur Region Ruhr weiterentwickeln, die dort, wo es sinnvoll ist, staatliche sowie kommunale Aufgaben bündelt und durch direkte Wahlen legitimiert wird. Die BürgerInnen sollen diejenigen Parteien und PolitikerInnen wählen können, die mit klarem Profil für eine Stärkung der Regionalpolitik eintreten. Die Metropole Ruhr braucht endlich die gleichen Strukturen wie dies in erfolgreichen Regionen wie Hannover, Frankfurt und Stuttgart bereits seit Jahren der Fall ist.

Der Regionalverband Ruhr und die Verbandsversammlung sollen in allen Feldern der Regionalpolitik durch eine Erweiterung der Kompetenzen gestärkt werden. Ein erster wichtiger Schritt hierzu ist die Übertragung der Kompetenz für die Regionalplanung, die zum 1. Oktober 2009 wirksam wird. Die Fachplanungen wie zum Beispiel für die Abfallwirtschaft, die Umwelt- und Freiflächen oder die Wasserwirtschaft sind jedoch in der Zuständigkeit der Bezirksregierungen in Arnsberg, Düsseldorf und Münster verblieben. Dies produziert überflüssige Bürokratie und sollte als nächster Reformschritt folgen.

Der Regionalverband Ruhr muss sich auch als erste Anlaufstelle bei sämtlichen Fragestellungen für die Region etablieren. Mit der Gründung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft "metropoleruhr GmbH" ist hierfür ein wichtiger Baustein gelegt worden. Zu stärken ist dies noch bei der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Und gerade für die Jugendlichen und jüngeren Generationen ist heute die städteübergreifende Mobilität und Nutzung der Freizeitangebote in der gesamten Region eine tägliche Selbstverständlichkeit geworden.

Wir wollen außerdem die Beteiligungsrechte und Mitwirkungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger ausbauen. Analog zu den kommunalen Räten sollte der Regionalverband Ruhr für Anregungen und Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern klare rechtliche Grundlagen schaffen.

 

AutorInnen:
Börje Wichert, Thomas Rommelspacher, Mario Krüger, Martin Tönnes, Sabine von der Beck